Sein "Kanzleramtsminister" Gergely Gulyás begründete die Aktion damit, dass die Gefangenen Ungarn einfach zu teuer seien: "Sie freizulassen ist die richtige Entscheidung, damit wir nicht weiter auf Kosten ungarischer Steuerzahler Hunderte Menschenschmuggler mit ungarischer Gefängnisverpflegung durchfüttern", sagte Gulyás.
Tatsächlich steht Ungarn finanziell unter Druck. Wie sehr, das zeigen zahlreiche Probleme im öffentlichen Sektor. Seit Monaten streiken Lehrer, weil sie mehr Gehalt fordern. Und die Bevölkerung klagt über lange Wartezeiten in Krankenhäusern. In den Gefängnissen ist die Lage ebenfalls prekär, es gibt viel zu wenig Personal. Die Freilassungsaktion löst für die Regierung also so gesehen ein großes Problem von vielen, wenn auch nicht nachhaltig.
Steckt mehr dahinter?
Nicht alle glauben aber, dass das der einzige Grund für die drastische Maßnahme ist – schließlich sind die Probleme in den Justizanstalten keineswegs neu. Ein ungarischer Journalist, der anonym bleiben möchte, sagte dem KURIER dazu: „Orbán lechzt nach Geld.“ Konkret nach jenen bis zu 40 Milliarden an Fördergeldern, die die EU-Kommission derzeit zurückhält – wegen der Korruption, die in Ungarns Politik gang und gebe ist. Das Land ist stark auf die Gelder aus Brüssel angewiesen: "Sie sind für Orbán das, was für Putin das Gas ist", beschreibt es der Journalist.
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Die Freilassungsaktion ist demnach eine Art Druckmittel gegen die EU, um zu sagen: "Wenn ihr mir das Geld nicht gebt, gebe ich euch Flüchtlinge." Zu beweisen ist das schwer. Es passt jedoch damit zusammen, dass Ungarn den Grenzschutz immer wieder als Argument heranzieht, EU-Gelder zu benötigen.
Und als Gergely Gulyás die Freilassungen erklärte, nützte er die Aufmerksamkeit auch, um auf das EU-Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn zumindest in einem Nebensatz einzugehen.
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