Von überall auf der Welt würden Migranten in die USA strömen und "das Blut unseres Landes vergiften", tönte Ex-Präsident Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung im Dezember in New Hampshire (wo er kommende Woche bei der nächsten Vorwahlwohl seinen zweiten Sieg einfahren wird). Glaubt man der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, teilt fast die Hälfte der Befragten Trumps xenophobe Aussage; unter den Republikanern liegt die Zustimmung sogar bei über 75 Prozent.
Es ist vor allem die hohe Zahl der illegalen Ankünfte in den USA, die Migration zu einem zentralen Thema im US-Wahlkampf macht. Seit Joe Bidens Amtsantritt sind die illegalen Grenzübertritte explodiert, zuletzt wurden pro Monat fast 200.000 Menschen bei ihrem Versuch gefasst, die 3.145 Kilometer lange Grenze zwischen den USA und Mexiko zu überqueren.
Die meisten kommen aus Mexiko, jedoch ist die Zahl seit Jahren rückläufig; dafür steigt die Zahl jener aus den prekären zentralamerikanischen Ländern El Salvador, Guatemala, Honduras und Venezuela – und seit auch bei der europäischen Asylpolitik alle Zeichen auf Verschärfung stehen, machen sich auch immer mehr Menschen aus westafrikanischen Ländern auf den Weg: Der US-Regierung zufolge stieg die Zahl der an der Südgrenze festgenommenen Afrikanern von 13.406 im Jahr 2022 auf 58.462 im Jahr 2023.
Bidens Kehrtwende
Ganz im Gegensatz zu seinen ersten Jahren im Amt hat Biden zuletzt auf restriktive Maßnahmen in der Einwanderungspolitik gesetzt: Laut Washington Post wurden 2023 mehr als 142.000 Menschen abgeschoben, fast doppelt so viele wie 2022; im Oktober 2023 wurden Abschiebeflüge nach Venezuela wieder aufgenommen.
Auch Trumps berüchtigte Mauer wurde von der demokratischen Regierung weitergebaut. Er habe keine andere Wahl, das Geld sei vom Kongress bewilligt worden, verteidigte sich Präsident Biden – und fügte hinzu, dass er nicht glaube, dass die Mauer wirksam sei.
Menschenrechtsorganisationen zufolge hätten es Migranten unverhältnismäßig schwer, in den USA Asyl zu beantragen: Dies kann nur über eine App geschehen, in der täglich 1.500 Termine bei den Einwanderungsbehörden frei geschalten werden. Wer trotzdem illegal einwandert, muss mit härteren Restriktionen rechnen.
Die Kehrtwende in der Einwanderungspolitik war auch Bidens Konzession, um sich bei der republikanischen Mehrheit im Kongress die Zustimmung für Finanzhilfen für Israel und die Ukraine zu erbetteln. Ob der Plan aufgeht, ist noch offen. Während Biden damit Kritik aus dem linken Flügel der Demokraten auf sich zog, sind die Republikaner der Meinung, die Maßnahmen seien nach wie vor nicht restriktiv genug.
Trump will "größte Abschiebeaktion in US-Geschichte"
Und Trump? Der schließt im Wahlkampf nicht aus, seine umstrittene "Null-Toleranz-Politik", die zur Trennung Tausender Kinder von ihren Eltern geführt hatte, bei einer Rückkehr ins Präsidentenamt wiedereinzuführen, und verspricht seinen Anhänger, die "größte Abschiebeaktion in der Geschichte der USA" zu starten. Schon in seiner ersten Amtszeit liebäugelte er mit der Idee, die Staatsbürgerschaft für in den USA geborene Kinder von illegal Eingewanderten zu beenden. Dass er dafür eine Änderung der US-Verfassung bräuchte, hält ihn nicht davon ab, das (kaum erfüllbare) Versprechen in Wahlkampfzeiten zu wiederholen.
Wahlkampf hin oder her: Nach wie vor sterben jährlich Hunderte Menschen bei ihrem Versuch, die Grenze illegal durch den Rio Grande oder mit einer selbstgebauten Leiter über die neun Meter hohe Mauer zu überqueren. 686 waren es im Jahr 2022. Damit zählt sie mexikanisch-US-amerikanische Grenze zu einer der tödlichsten weltweit.
Kommentare