Bald in New Hampshire
Wie viel wert Trumps Sieg im Mittleren Westen war, wird sich im eher unreligiösen Neuengland-Bundesstaat New Hampshire zeigen. Dort rangiert Nikki Haley, die ehemalige Gouverneurin von South Carolina, in Umfragen nur knapp hinter Trump. Sollte der 51-Jährigen dort ein Sieg gelingen, könnte sie vielleicht "Trumps Momentum brechen" und mit gutem Rückenwind in die Vorwahlen ihres Heimatbundesstaates an der Ostküste ziehen.
Trotzdem wird Trump seine frühere UN-Botschafterin weiter scharf attackieren. Haleys Hoffnung liegen auf der Hochfinanz. Jamie Dimon, der Chef der größten US-Bank JP Morgan, gehört zu ihren wichtigen Unterstützern. Ebenso der Milliardär Charles Koch. Sie könnten Hailey jene Spendengelder in zweistelliger Millionenhöhe zur Verfügung stellen, die Ron DeSantis langsam ausgehen.
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Für den 45-Jährigen verdüstert sich vor New Hampshire das Bild. Er liegt dort wie auch in Nevada und South Carolina deutlich hinter Hailey. Seine Strategie, Trump von rechts überholen zu wollen, ist in Iowa gescheitert. DeSantis könnte schon nach New Hampshire gezwungen sein, aus dem Rennen um die Kandidatur auszusteigen.
Trump-Gegner suchen unterdessen Trost in der Tatsache, dass bisher erst 20 von rund 2450 Delegierten-Stimmen bei Trump gelandet sind. Und dass Nachwahl-Befragungen ergaben, dass knapp 30 Prozent bei der Wahl am 5. November nicht für ihn stimmen würden, wenn er bis dahin in einem der gegen ihn laufenden Strafverfahren verurteilt sein sollte.
Große Veränderungen
In Kreisen der EU-Delegation in Washington gehen die Überlegungen bereits weiter. Hier sieht man Trump beinahe schon zurück im Weißen Haus. "Die Vereinten Nationen, die Weltbank, der Internationale Währungsfonds und allen voran die NATO müssten sich dann auf drastische Veränderungen einstellen", sagt ein Diplomat dem KURIER im vertraulichen Gespräch.
Vor allem im Umgang mit dem westlichen Verteidigungsbündnis seien "gravierende Veränderungen" zu erwarten. Trump werde sein Wohlwollen allein nach nationalen Kriterien ("Was hat Amerika davon – und was kostet das?") ausrichten.
Was das bedeuten könnte, ist in einer langen Abhandlung der konservativen Heritage-Stiftung nachzulesen, die bis ins kleinste Detail die Regierungsagenda für Trump vorentworfen hat. Dort deutet der frühere Verteidigungsminister Christopher Miller an, dass Staaten wie Deutschland, die das Zwei-Prozent-Ziel für die Verteidigungsausgaben der NATO weiter verfehlen, bestraft würden.
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Um weiter den Schutz des US-Atomschirms zu genießen, so Miller, müssten die Europäer zur Abschreckung Russlands schweres, konventionelles Kriegsgerät künftig allein stellen – die Kosten dafür wären riesig. Weil Miller offen von einer "grundlegenden Neubewertung des Zwecks und der Aufgaben der NATO" spricht, sehen EU-Verteidigungsexperten in Washington bereits einen Rückzug der US-Truppen aus Europa am Horizont aufscheinen.
John Bolton, bei Trump in Ungnade gefallener Ex-Nationaler Sicherheitsberater, denkt noch radikaler: "In einer zweiten Amtszeit von Trump würde sich Amerika mit ziemlicher Sicherheit aus der NATO zurückziehen."
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