Forderungen der USA an Israel
Mittlerweile aber stockt der Fluss der Güter wieder, die Not in Gaza ist größer denn je. Mindestens 350 LKW mit Hilfsgütern pro Tag müsse Israel nach Gaza lassen, fordern die USA nun in ihrem Ultimatum: Zudem müsse Israel Pausen bei den Kampfhandlungen einhalten, damit die Bevölkerung in Gaza geimpft und überhaupt besser geschützt werden könne.
Mit seinen wichtigsten Forderungen aber konnte sich US-Präsident Joe Biden gegenüber Israels Premier bisher nicht durchsetzen: Weder wollte sich Netanjahu auf einen Waffenstillstand mit der Terrororganisation Hamas einlassen. Noch konnte Biden die Rettung der israelischen Geiseln aus Gaza erreichen. Und auch von Vorbereitungen für eine politische Zukunft des Gazastreifens oder gar die Möglichkeit eines eigenen palästinensischen Staates wollte Netanjahu bisher nichts wissen.
USA als Verbündete gegen die Hamas
Das ständige amerikanische Drängen auf mehr Rücksicht auf die palästinensische Zivilbevölkerung stieß bei Netanjahu weitgehend auf taube Ohren, das sorgt für nachhaltige Spannungen zwischen Israel und seinem wichtigsten Verbündeten.
Mindestens 200 Milliarden Dollar haben die USA Israel seit dessen Staatsgründung allein an Militärhilfe überwiesen, ohne die Stütze der USA hätte Israel sich in den vergangenen Jahren nicht allein verteidigen können.
Und auch seit dem 7. Oktober 2023, dem Tag des Hamas-Terrorüberfalls, standen die USA unerschütterlich an der Seite Israels: Zwei Flugzeugträger wurden in die Region entsandt, auch als Drohgebärde an den Iran, dass Washington seinen kleinen Verbündeten nicht im Stich lassen würde. Bei den zweimaligen Raketenangriffen des Iran auf Israel fingen US-Geschütze zahlreiche Geschosse aus dem Mullahstaat ab.
Es geht ums Überleben
Warum also kann die Supermacht USA ihren Einfluss auf Israel nicht stärker geltend machen, warum den Druck auf Netanjahu nicht noch stärker erhöhen? "In einem Konflikt, in dem es um Existenzielles geht - also um das Überleben - schwindet die Fähigkeit externer Mächte, bedeutenden Einfluss auszuüben", weiß Aaron David Miller, Experte am Think Tank Carnegie Endowment for International Peace. Und in dieser existenziellen Überlebensfrage werde die USA Israel niemals alleine lassen.
Was wiederum Premier Netanjahu weiß und sich darauf verlassen kann, dass Washington unter allen Umständen seine Hilfe aufrecht erhalten wird. "Härte gegenüber Israel würde überdies als Schwäche gegenüber der Hamas interpretiert", schreibt Miller für Foreign Policy.
Netanjahu, längstdienender Premier in der Geschichte Israels, weiß überdies: Mehr als diskreten Druck haben auch frühere US-Präsidenten nie auf Israel ausgeübt; nie waren sie bereit, ernsthaft mit Israel zu brechen. Ex-Präsident Ronald Reagan etwa setzte die Lieferung moderner Kampfflugzeuge wegen Israels damaliger Libanonpolitik aus. Zuvor hatte noch die Nixon-Regierung ihren gesamten politischen Druck aufgefahren, um Israel davon abzuhalten, Ägyptens Dritte Armee im Jom-Kippur-Krieg zu zerstören.
Erwartete Angriffe auf den Iran
Doch wenn es auch für die USA ums Eigemachte geht, kann auch Israel an den Warnungen Washingtons nicht vorbei. So dürften sich die USA beim erwarteten Gegenschlag Israels auf den Iran, der zuvor erneut mit einem Raketenhagel angegriffen hatte, durchgesetzt haben: Keine nuklear- und Ölanlagen im Iran würden angegriffen, hieß es. Beide Optionen hätten auch für die USA verheerende Folgen haben können: explodierende Ölpreise - extrem schädlich besonders vor der US-Wahl. Und ein Schlag gegen die iranischen Atomanlagen hätte die USA in einen Krieg gegen den Iran verwickeln können.
Was beim nun 30-tägigen Ultimatum überdies wenig überrascht: Es endet erst nach den US-Wahlen am 5. November. Netanjahu könnte darauf spekulieren, dass sein Freund Donald Trump gewinnt - und der ihm dann völlig freie Hand geben könnte.
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