Explosionen erschüttern den Norden Israels. Sirenen heulen, Raketen schlagen in Wohngebieten ein. Auch sechs israelische Militärstellungen werden getroffen. Die Hisbollah hat gut geplant. Denn während Chaos herrscht, schleichen sich Bodentruppen auf israelischen Boden, überfallen eine israelische Patrouille, töten drei Soldaten und nehmen zwei gefangen.
Der 12. Juli 2006 ist der Auftakt zu einem verheerenden Waffengang, der als „Zweiter Libanonkrieg“ in die Geschichte eingehen soll. Sechs Jahre war es her, dass die Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) den Libanon verlassen hatten. „Wir wollen keinen Frieden mit euch, wir wollen euch aus dem Land (Israel, Anm.) jagen“, riefen damals Hisbollah-Kämpfer.
Seit Jahren hatte die Hisbollah eigentlich kein Recht mehr darauf, bewaffnet zu sein. Das wollen Anführer Hassan Nasrallah und seine Getreuen, die sich stets als „Schutzschild des Libanon“ verkaufen, ändern. Die Hisbollah nennt den Angriff „Operation Wahres Versprechen“, nachdem Nasrallah in den Jahren davor öffentlich versprochen hatte, israelische Soldaten zu ergreifen und sie gegen vier von Israel festgehaltene Libanesen – einen verurteilten Mörder, einen Spion und zwei Tote – auszutauschen.
Schon seit Jahren unternahmen Hisbollah-Terroristen immer wieder Angriffe auf Israel – mit der Entführung erreichen sie nun das, was sie wollten: Israel reagiert. Kurz nach der Entführung entsendet die IDF einen Panzer, einen Mannschaftstransporter und einen Helikopter in den Libanon.
Ein fataler Fehler: Der Merkava-Panzer fährt auf eine Mine auf, die vierköpfige Besatzung stirbt. Rettungstrupps werden mit Mörsern beschossen. Die israelische Regierung unter Premier Ehud Olmert reagiert mit Härte: Die Entführung sei als Kriegshandlung des Staates Libanon zu verstehen – die Hisbollah ist mit zwei Ministern in der Regierung vertreten – und das Land werde „die Konsequenzen seines Handelns tragen“.
Zwar beteuert der libanesische Premier Fouad Siniora, nichts von der Aktion der Hisbollah gewusst zu haben, doch Olmert hat seine Entscheidung getroffen.
„Ohne klares Konzept“
Die Israelis bombardieren Brücken und Straßen, um die Hisbollah vom Nachschub abzuschneiden, zerstören die Start- und Landebahnen des Beiruter Flughafens, aber auch zahlreiche Raketenwerfer der Hisbollah. Später wird eine offizielle israelische Untersuchungskommission der Regierung Olmert bescheinigen, den Krieg überstürzt, ohne klarem Konzept und mit mangelnder Umsicht geführt zu haben.
Auch die Hisbollah bombardiert Israel massiv: Etwa 4.000 Raketen feuert die schiitische Miliz auf Israel ab. Auch damals aus dicht besiedelten Gebieten. Bald darauf dringen israelische Einheiten in den Südlibanon vor, die Hisbollah verwickelt sie in blutige Gefechte. „Die Hisbollah-Kämpfer sind nicht wie jene der Hamas. Sie sind gut trainiert und stark ausgebildet. Wir alle waren überrascht“, sagt ein israelischer Soldat später.
Am 14. August kommt es zu einem von den Vereinten Nationen vermittelten Waffenstillstand. Die Resolution 1701 wird angenommen – und ist bis heute nicht vollständig umgesetzt worden. Denn eigentlich müsste die Hisbollah entwaffnet werden. Vor allem die Terrororganisation feiert den Zweiten Libanonkrieg als Sieg, hat ganze Museen errichtet, in denen zerstörte israelische Panzer zu sehen sind.
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