USA: "Potenzial für einen baldigen großen Krieg, auf den wir nicht vorbereitet sind"
Zehntausende Soldaten in Militärbasen auf der ganzen Welt, ein Atomwaffenarsenal, das nur in puncto Quantität von jenem Russlands übertroffen wird, nicht aber in puncto Qualität. Eine Flotte, die an Schlagkraft jede andere Marine um Welten übertrifft. Die USA sind ohne Zweifel die mächtigste Militärmacht der Weltgeschichte. Begünstigt durch ihre strategisch gute Lage muss sich die Supermacht wenig Sorgen über militärische Angriffe auf das eigene Staatsgebiet machen.
"Ernsteste Bedrohung seit 1945"
Sorgen macht sich allerdings die US-Kommission für die nationale Verteidigungsstrategie: Das achtköpfige Expertengremium, bestehend aus Republikanern und Demokraten, legte einen für die US-Regierung einen alarmierenden Bericht vor: „Die Bedrohungen, mit denen die Vereinigten Staaten konfrontiert sind, sind die ernstesten und schwierigsten, die die Nation seit 1945 erlebt hat und beinhalten das Potenzial für einen baldigen großen Krieg“, heißt es zu Beginn des Dokuments. Die USA seien auf einen solchen Krieg nicht vorbereitet, während China massiv aufholen würde.
Starke Gegner
Auch Russland bleibe eine Bedrohung für die Sicherheit der USA, habe viel Erfahrung im Krieg in der Ukraine gewonnen, verfüge über eine Vielzahl strategischer Ressourcen sowie erstklassige Weltraum- und Cyberfähigkeiten. Vor allem würden Russland und China in Kooperation mit dem Iran und Nordkorea darauf abzielen, die globale Führungsebene der USA zu unterminieren. „Der Iran und Nordkorea sind aufgrund ihrer mächtigen Unterstützer bereits mutiger in ihren Drohungen und Aggressionen geworden“, analysierte die Kommission im September – mittlerweile befinden sich Tausende nordkoreanische Soldaten in Russland. Angesichts dieser Situation würden die USA – laut Kommission – zu wenig unternehmen, um für den Ernstfall gewappnet zu sein.
Das Beschaffungssystem im Verteidigungsbereich sei zu ineffizient und schwerfällig. Die Rüstungsindustrie könne den Bedarf an Ausrüstung, Technologie und Munition für die Vereinigten Staaten und deren Verbündete nur unzureichend decken. Ein Beispiel dafür ist die Firma Raytheon.
Das Unternehmen, das die Stinger-Flugabwehrraketen herstellt, musste nach Beginn des Ukrainekriegs pensionierte Mitarbeiter reaktivieren, um den Bedarf an den seit Jahren nicht mehr produzierten Waffen halbwegs zu decken. „Die USA sollten sich mit ihren Verbündeten abstimmen und Partnerschaften eingehen, die für beide Seiten von Vorteil sind, um die industriellen Kapazitäten zu erhöhen, zumal die industrielle Basis der Vereinigten Staaten nicht in der Lage ist, alles zu produzieren, was benötigt wird“, rät die Kommission.
Lehren aus dem Krieg
Der Krieg in der Ukraine zeige, dass es rasch notwendig sei, neue Technologien in ältere Systeme zu integrieren. Beispiel: Das lenkbare US-Artilleriegeschoss „Excalibur“, das die USA der Ukraine lieferten, hat nur noch eine Treffergenauigkeit von sechs Prozent – von anfangs 96 Prozent.
Die russischen Streitkräfte schafften es, das High-Tech-Geschoss mittels Elektronischer Kampfführung zu stören. Gleichzeitig verfügen die Russen mit ihren FAB-Gleitbomben über eine effektive und effiziente Waffe. Diese alten Bomben aus Sowjetbeständen wurden im Wesentlichen kostengünstig mit Navigationssystemen und zusätzlichen Flügeln ausgestattet.
Nur Weltraumstreitkräfte und Marines erreichten Ziele
Dazu kommt die Revolution in der Drohnenkriegsführung sowie ihr Gegenstück, die Elektronische Kampfführung. Themen, in denen die Kommission Ausbaubedarf aufseiten der USA sieht. Ein weiteres Problem seien die Schwierigkeiten bei der Rekrutierung und Bindung von Personal. Lediglich das Marine Corps und die Weltraumstreitkräfte hätten im Haushaltsjahr 2023 ihre Rekrutierungsziele erfüllen können.
Der Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt, die geringe Arbeitslosenquote und die mangelnde Bereitschaft vieler junger US-Amerikaner zum Militärdienst würden die Einsatzbereitschaft der US-Streitkräfte beeinträchtigen. „Die USA handeln immer noch nicht mit der gebotenen Dringlichkeit, und zwar über alle Regierungen und Parteigrenzen hinweg“, kommt die Kommission zum Schluss.
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