USA: Gewalt und Hamsterkäufe an den Zapfsäulen

USA: Gewalt und Hamsterkäufe an den Zapfsäulen
Cyberangriff auf Öl-Pipeline sorgt für Rekordpreise für Benzin, Engpässe an Tausenden Tankstellen im Osten der USA und Sorgen im Oval Office

Nach der mutmaßlich von russischen Kriminellen „gehackten“ und vorübergehend stillgelegten Colonial-Öl-Pipeline, die 50 Prozent der US-Ostküste mit Kraftstoff versorgt, macht die republikanische Opposition in Washington den Präsidenten für akute Benzinknappheit verantwortlich. „Joe Biden ist der neue Jimmy Carter“, sagt der Kongress-Abgeordnete Jim Jordan. Er wiederholte eine vorherige Breitseite von Ex-Präsident Donald Trump und zog Parallelen zu 1979, als auf dem Höhepunkt der Öl-Krise an vielen US-Tankstellen wochenlang „Benzin ausverkauft“-Schilder hingen und der demokratische Präsident Carter in Strickjacke ans Volk appellierte, weniger zu heizen, um Energie zu sparen.

USA: Gewalt und Hamsterkäufe an den Zapfsäulen

Lange Schlangen vor einer Tankstelle in Alexandria, Virginia

Von dieser Dramatik kann heute keine Rede sein. Colonial hat Mittwochabend wieder mit der Produktion begonnen. In spätestens zwei Wochen seien die Tanklager wieder voll, die Versorgung auf Normal-Level, sagen Experten von Verkehrsverbänden.

Drei Dollar für vier Liter

Aber dass die von Texas bis New Jersey reichende Versorgungsröhre Colonial von der Cyber-Bande „Darknet“ mit Malware infiziert wurde, um Lösegeld zu erpressen, und vorübergehend abgedreht werden musste, hat im Osten der USA für ungewohnte Szenen gesorgt. Über 12.500 Tankstellen, so das Preisvergleichsportal „GasBuddy“, hatten keinen Saft mehr. In Bundesstaaten wie North Carolina, Virginia und Georgia waren bis zu 70 % der Zapfsäulen trocken. Da, wo es noch Kraftstoff gab, stiegen die Preise für die Gallone (rund vier Liter) zum ersten Mal seit sieben Jahren flächendeckend deutlich über drei Dollar.

Hie und da gab es Schlägereien, weil Leute in den kilometerlangen Schlangen die Nerven verloren. In typisch amerikanischer Früh-Panik-Manier kam es auch zu bizarren Hamsterkäufen, die den neuen Verkehrsminister Pete Buttigieg zu der Mahnung veranlassten: „Leute, bitte kein Benzin in Plastiktüten abfüllen.“ Die Verbraucherschutzbehörde CPSC sekundierte mit der Bemerkung: „Wenn Menschen verzweifelt sind, hören sie auf, klar zu denken.“

USA: Gewalt und Hamsterkäufe an den Zapfsäulen

Das Weiße Haus nimmt die Lage sehr ernst. Ressortübergreifende Krisenstäbe sind eingerichtet, die kurzfristig Abhilfe schaffen sollen. Dahinter steht die politisch toxische Sorge, das vor der Ende Mai traditionell beginnenden Reise-Saison der motorisierte US-Wähler auf die Barrikaden geht. Durch Ausnahmegenehmigungen wurde der Transport von Benzin und Öl auf der Straße erleichtert. Energie-Ministerin Jennifer Granholm versuchte rhetorisch den Spagat. Die Benzin-Knappheit werde sich „bald normalisieren“. Bis dahin stünden allerdings „herausfordernde Tage“ an.

 

Kommentare