Die Colonial-Pipeline transportiert normalerweise am Tag über eine 8.800 Kilometer lange Strecke von Houston/Texas bis Linden/New Jersey rund 2,5 Millionen Barrel Benzin, Diesel, Kerosin und weitere Erdölprodukte vom Golf von Mexiko an die Ostküste (ein Barrel sind 159 Liter) und stellt dort die Versorgung von rund 50 Millionen Verbrauchern sicher. Zu den Abnehmern zählen unter anderem auch mehrere Flughäfen wie der weltgrößte Airport in Atlanta und der Flughafen in Baltimore.
Mit der eingeschleusten „Ransomware“ will Darkside Lösegeld vom Pipeline-Betreiber aus Georgia erpressen; andernfalls würden sensible Daten öffentlich gemacht.
Aufgrund der Prominenz des digitalen Anschlagsopfers und der möglichen Gefahr für die akute Energie-Versorgung hat das Weiße Haus unmittelbar eine hochkarätige Einsatzgruppe gebildet, die das Unternehmen berät. Colonial hat angedeutet, dass man zu Beginn der nächsten Woche wieder unter Volllast fahren will. Ein längerer Stillstand, sagen Regierungsoffizielle, hätte die ohnehin kräftig gestiegenen Preise an den Zapfsäulen weiter in die Höhe schnellen lassen.
An den Energiemärkten sorgte die Cyber-Attacke bereits für einen leichten Preisanstieg. Die Colonial-Pipeline ist im Besitz von Finanzinvestoren wie KKR und Koch Capital Investments sowie einer Tochter des Öl-Riesen Shell.
Dass „Darkside“ in Russland verortet wird, leiten FBI-Experten aus zwei Facetten ab: Die Gruppe, die sich als apolitisch und nur an Geld interessiert bezeichnet, beschäftigt keine englischsprachigen Hacker. Und: Computer, die in Russland angemeldet sind, würden nicht attackiert.
„Darkside“ war im vergangenen Sommer zum ersten Mal auf dem Radar der US-Geheimdienste aufgetaucht. Sie bescheinigen der Gruppe professionelles, methodisches Vorgehen mit präzisem Blick für die technische Verwundbarkeit der ins Ziel genommenen Unternehmen. „Darkside“ geriert sich als Robin Hood des 21. Jahrhunderts, der große Konzerne „erleichtert“ und einen Teil der Beute wohltätigen Zwecken zur Verfügung stelle.
Für die USA ist es der dritte große Anschlag auf Kommunikationsnetze in wenigen Monaten. Über Software des IT-Unternehmens Solarwinds hatten sich Ende des vergangenen Jahres Cyber-Kriminelle aus Russland Zugang zu mehreren tausend Regierungs-Rechnern verschafft. Und im März wurde der Microsoft e-Mail-Dienst Exchange Opfer von chinesischen Hackern.
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