Dass Biden diesen Sieg noch lange nicht in der Tasche hat, zeigten gerade zum Auftakt des Demokraten-Parteitages veröffentlichte neue Umfragen, etwa des US-Nachrichtensenders CNN. Diese zeigen erstmals einen schwindenden Vorsprung des bisher scheinbar uneinholbaren Demokraten auf Trump.
Das Hauptproblem, das der ehemalige Vizepräsident in diesem Wahlkampf mit sich herumschleppt, ist die fehlende Begeisterung seiner Wähler. Biden hat die größten Zustimmungsraten bei älteren Wählern in der politischen Mitte – und die sehen ihn vor allem als gemäßigte Alternative zum amtierenden Präsidenten. „Energie und Dynamik in der Partei“, so analysiert ein hochrangiger Vertreter der Demokraten gegenüber der New York Times, „sind auf der Seite der Linken.“
Und die versuchte Sanders mit seiner versöhnlichen Rede auf Biden einzuschwören. Der habe inzwischen ein offenes Ohr für die Anliegen der Linken: „Wir haben es schon so weit gebracht mit unseren Ideen. Was vor ein paar Jahren noch als radikal bezeichnet wurde, gilt heute als ganz normal.“ Tatsächlich hat Biden die wichtigsten Vertreter der Parteilinken zur Mitarbeit in Fragen wie Klimaschutz oder Migration eingeladen. Mit dabei auch deren prominenteste junge Persönlichkeit: Die New Yorker Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez.
Die 30-Jährige wird heute, Mittwoch, auf dem Parteitag das Wort ergreifen – sie sorgte allerdings schon vorab für Unruhe auf der sonst auf demonstrative Harmonie getrimmten Veranstaltung. Gerade einmal 60 Sekunden habe man Ocasio-Cortez für ihren Auftritt eingeräumt, berichteten US-Medien vor einigen Tagen. Entsprechend groß die Empörung unter den Linken in den sozialen Medien.
Wie lange die Tochter von Einwanderern aus Puerto Rico jetzt tatsächlich zu Wort kommen wird, steht vorerst nicht fest. Dass sie nicht so versöhnlich auftreten wird wie Sanders, scheint klar. Schon die Rednerliste auf dem Parteitag hat sie lauthals kritisiert. Auf der hatte man nämlich dem Trump-kritischen Republikaner John Kasich einen Platz eingeräumt. Für Ocasio-Cortez unverständlich: Leute wie Kasich sollten sich nicht in Debatten der Demokraten einmischen: „Wer für unsere Partei spricht, geht Leute wie Kasich nichts an.“
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