Nancy Pelosi ist wütend. „Amerikaner sollten nicht entscheiden müssen zwischen ihrer Gesundheit und dem Wahlgang“, wetterte die demokratische Sprecherin des US-Repräsentantenhauses am Sonntag.
Der Grund ihres Ärgers: Drastische Einsparungen bei der staatlichen Post – zweieinhalb Monate vor der US-Präsidentenwahl, die angesichts der Coronakrise zu großen Teilen per Briefwahl abgewickelt werden soll.
Mithilfe der wirtschaftlich argumentierten Kürzungen, etwa bei Überstunden oder der Zahl von Sortiermaschinen und Briefkästen, wolle Präsident Donald Trump die Stimmabgabe per Post erschweren, um seine Wiederwahl zu sichern, meint Pelosi.
Die Post werde die erwartete Flut an Briefwahlstimmen – die Beobachtern zufolge eher den Demokraten zugute kommen dürften – nicht bewältigen können, warnt sie. Millionen Amerikaner würden so vor die Wahl gestellt, ihre Stimme nicht abzugeben oder im Wahllokal ihre Gesundheit zu riskieren.
Rekordzahl an Briefwählern
Um gegen diese „Wahlsabotage“ anzugehen, rief Pelosi die Abgeordneten des Repräsentantenhauses aus der Sommerpause zurück, die plangemäß erst am 8. September endet. Ab Samstag soll über ein Gesetz abgestimmt werden, das betriebliche Änderungen bei der Post bis mindestens Jahresende untersagt.
Kommende Woche soll dann der umstrittene, erst seit Juni amtierende Postchef Louis DeJoy – ein langjähriger Förderer Trumps – vor dem Repräsentantenhaus befragt werden; die Generalstaatsanwälte mehrerer demokratisch regierter Bundesstaaten prüfen rechtliche Schritte gegen die Post-Reformen.
Die Post hat jüngst selbst vor den Folgen des Sparkurses gewarnt: Wahlkarten könnten nicht rechtzeitig an Wähler bzw. Wahlbehörden zugestellt werden.
Immerhin wird dieses Jahr eine Rekordbeteiligung am sogenannten „Mail-in-Voting“ erwartet, das wegen der Corona-Gefahr ausgeweitet wurde: Bis zu 80 Millionen Wähler dürfen heuer ihre Stimme per Brief abgeben, das sind drei Viertel aller registrierten Wahlberechtigten.
Obwohl er die Briefwahl in der Vergangenheit selbst nutzte, macht Trump seit Wochen dagegen mobil. Briefwahl fördere Wahlbetrug, behauptet er, kann das aber nicht durch Studien belegen.
Eine schiefe Optik hat auch die Tatsache, dass Postchef DeJoy Großsponsor der Republikaner ist. Seit 2016 investierte er laut New York Times 2,5 Millionen Dollar in die Partei und in Trumps Wahlkämpfe. Zudem haben DeJoy und seine Frau der Zeitung zufolge rund 100 Mio. Dollar in Firmen investiert, die entweder mit der US-Post Geschäfte machen – oder mit ihr konkurrieren.
Druck steigt
Falls das demokratisch dominierte Repräsentantenhaus tatsächlich für eine Aufschiebung der Sparmaßnahmen stimmt, kommt das entsprechende Gesetz vor den Senat, die zweite Kammer des US-Kongresses.
Dessen republikanischer Mehrheitsführer Mitch McConnell zeigte sich bisher von Forderungen auch aus der eigenen Partei unbeeindruckt, die Senatoren ebenfalls aus der Sommerpause zurückzuholen.
Doch der Druck auf ihn und andere Republikaner steigt – sind doch gerade in ländlichen, republikanisch geprägten Regionen Millionen Menschen auf eine funktionierende Briefwahl angewiesen.
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