Was eine Anerkennung Palästinas bedeutet - und warum Österreich nicht mitmacht

Australien und Kanada sind am Sonntag vorgeprescht, Großbritannien folgte sogleich. Damit haben die drei Regierungschefs des Commonwealths dem französischen Präsidenten ein klein wenig die Show gestohlen. Schließlich war es Emmanuel Macron, der zusammen mit Saudi-Arabien im Sommer eine internationale Initiative gestartet hatte, mit einem Ziel: der Anerkennung Palästinas als Staat.
Am Montag, am Vorabend des Beginns der UN-Generaldebatte in New York, war es dann bei einer Sonderkonferenz so weit: Weitere Staaten, etwa Belgien, Malta und weitere, angeführt von Frankreich, erkennen Palästina ebenfalls diplomatisch an.
Was bedeutet dieser Schritt - zumal von einem echten Staat Palästina weit und breit nichts zu sehen ist?
Symbolischer Schritt in Richtung einer Zweistaatenlösung
In erster Linie ist es ein symbolischer Akt. Die Anerkennung, sagte der australische Premier Anthony Albanese, "stärkt diejenigen, die ein friedliches Zusammenleben und das Ende der Hamas anstreben."
Im Grunde ist die Anerkennung auch ein deutliches Zeichen und Warnung gerade jener Staaten wie eben Großbritannien, die bisher ohne Wenn und Aber hinter Israel gestanden sind. Sie signalisiert, sich auf die Seite des palästinensischen Volkes zu stellen und Israel für sein Vorgehen in Gaza massiv zu kritisieren.
Und sie ist Teil der Bemühungen, einer in weite Ferne gerückte Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts neues Leben einzuhauchen: zwei Staaten, die Seite an Seite leben.
Zu einem - theoretischen - Staatsgebiet Palästina zählen neben dem Westjordanland der Gazastreifen und Ost-Jerusalem. Drei Millionen Palästinenser und Palästinenserinnen leben im Westjordanland, rund zwei Millionen im Gazastreifen, 380.000 in Ostjerusalem.
Bereits am 12. September hatten 142 Länder eine Erklärung unterstützt: Dabei wurde ein Waffenstillstand im Gazastreifen, die Freilassung der israelischen Geiseln, die Entwaffnung der Hamas und ihr Ausschluss von der Regierungsgewalt im Gazastreifen, die Umsetzung einer Zweistaatenlösung sowie die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und der arabischen Welt gefordert.
Dieser Erklärung stimmte auch Österreich zu – eine offizielle Anerkennung Palästinas als Staat lehnt Österreich aber weiterhin ab.
Trump widerspricht, Netanjahu droht mit "Aktionen"
Israel und die USA stimmten gegen die Erklärung und kritisierten die Länder, die Palästina anerkennen wollen. „Ich bin in dieser Hinsicht anderer Meinung als Premierminister Starmer, tatsächlich eine unserer wenigen Meinungsverschiedenheiten“, hatte US-Präsident Donald Trump bei seinem Staatsbesuch in Großbritannien in der Vorwoche gesagt.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu will den diplomatischen Druck auf seine Regierung ignorieren.
Aus Sicht der israelischen Regierung belohnt eine Anerkennung Palästinas die Hamas, die den Gaza-Krieg mit ihrem Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst hatte. Premier Benjamin Netanjahu kündigte deswegen Vergeltungsmaßnahmen an: „Jede einseitige Aktion kann mit einseitigen Aktionen beantwortet werden“, sagte Netanjahu. „Es wird keinen palästinensischen Staat geben.“ Mitglieder seiner rechten Regierungskoalition schlugen sogar vor, Israel solle als Reaktion darauf das besetzte Westjordanland annektieren.
Bis zum Wochenende hatten bereits 147 der 193 UNO-Mitgliedsstaaten Palästina als Staat anerkannt. Darunter Spanien, Norwegen und Irland; sie hatten diesen Schritt schon im Vorjahr vollzogen. Österreich ist nicht dabei. Begründung: So wie auch Deutschland will Wien solch einen Schritt erst setzen, wenn sich Israel und die palästinensische Führung auf eine Einigung über zwei Staaten zusammenfinden.
Israel will den diplomatischen Druck ignorieren
Ernsthafte Friedensgespräche in Nahost aber haben schon seit über einem Jahrzehnt nicht mehr stattgefunden. Und seit mehr als eineinhalb Jahren tobt in Gaza ein Krieg, dem nach Angaben der Hamas bereits mehr als 65.000 Menschen zum Opfer fielen. Ein Ende der israelischen Militäroffensive ist nicht in Sicht – ebenso wie in Plan, welche Lösung Israel für die Zeit nach einem Endes des Krieges anstrebt. Einen palästinensischen Staat neben Israel lehnt die Führung in Jerusalem jedenfalls kategorisch ab.
Die Anerkennungswelle für Palästina gilt deshalb vor allem als ein internationaler Aufschrei, der Druck auf Israel schaffen soll. Doch von Paris bis Riad dürfte Klar sein: Dieser Schritt wird weder das Ende des Krieges im Gazastreifen beschleunigen noch die Richtung der israelischen Politik im Westjordanland einbremsen. Auch dort hat Israel seine Militärpräsenz verstärkt und den Siedlungsbau beschleunigt.
Im August feierte Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich die Genehmigung eines neuen Siedlungsblocks im Westjordanland: „Sie werden vom palästinensischen Traum sprechen – und wir werden weiterhin eine jüdische Realität aufbauen“, sagte Smotrich. „Diese Realität begräbt endgültig die Idee eines palästinensischen Staates, denn es gibt nichts anzuerkennen und niemanden, den wir anerkennen könnten.“
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