Umfrage: Antisemitismus in Österreich immer noch weit verbreitet

Umfrage: Antisemitismus in Österreich immer noch weit verbreitet
22 Prozent der Befragten hegen stark antisemitische Gefühle. Rabbi Shlomo Köves warnt: "Antisemitismus ist eine Pandemie."

Im Oktober vor genau 80 Jahren wurde, was die Nazis in Wien erprobt hatten, auf das ganze Dritte Reich übertragen: Von überall starteten Züge Richtung Osten, in Richtung Vernichtung jüdischen Lebens. Rabbi Menachem Margolin, Direktor der European Jewish Association, erinnert an diese Tage des Grauens und mahnt: "80 Jahre später sehen wir zu, wie der Antisemitismus in Europa wieder zunimmt. Er ist wie eine Pandemie, die sich immer weiter ausbreitet.“

Shlomo Köves, Rabbi in Ungarn, präsentiert in Brüssel beim jährlichen Treffen der jüdischen Führer eine Umfrage, die Margolins Befürchtungen untermauert – aber auch teilweise widerspricht. 16.000 Menschen in 16 Ländern der EU, darunter auch Österreich, wurden über Vorurteile, jüdische Nachbarn, auch über den Staat Israel befragt.

Dabei zeigten sich die stärksten Vorurteile gegen die jüdischen Mitbürger in den Ländern Osteuropas, vor allem in Ungarn, der Slowakei, Polen, aber auch in Griechenland. Auch in Österreich ermittelte die Umfrage bei 22 Prozent der Befragten stark antisemitische Gefühle.

Angst vor Angriffen in Westeuropa größer

Paradoxerweise aber fühlten sich die Juden in den osteuropäischen Ländern viel sicherer vor physischen Attacken oder verbalen Angriffen als in den Länder Westeuropas, wo weitgehend weniger negative Stimmungen gegen Juden herrschten, schildert Rabbi Köves. So etwa fürchteten sich in Ungarn nur rund 13 Prozent der rund 100.000 im Land lebenden Juden vor tätlichen Angriffen. In Schweden hingegen, wo besonders wenig antisemitische Stimmung vorherrscht, fürchtet sich laut Umfrage fast 40 Prozent der dort lebenden jüdischen Bevölkerung.

Besonders "verstörend" findet der Rabbi aus Ungarn die hohe Anzahl der Befragten, die auf die Aussage antworteten: "Juden werden sich nie voll in die Gesellschaft integrieren". Mit Ja antworteten darauf 28 Prozent der Befragten in Österreich, 30 Prozent in Ungarn und 36 Prozent in Polen. Extrem kritisch beurteilen die Österreicher auch die Haltung Israels gegenüber den Palästinensern: Nur drei Prozent sehen den Staat Israel als "legitim engagiert bei seiner Selbstverteidigung gegen seine Feinde".

Gleichzeitig gibt es da aber auch das andere Österreich: In keinem anderem der untersuchten Länder wurden so hohe Sympathiewerte für Juden ermittelt wie hier. 38 Prozent der befragten Österreicher äußerten "starke oder zumindest moderate Sympathie für Juden". Die Sympathie für den Staat Israel äußerten hingegen nur 13 Prozent der Österreicher.

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