Ukraine-Krieg: "Sind für den Sieg bereit – was immer nötig ist"

Ukraine-Krieg: "Sind für den Sieg bereit – was immer nötig ist"
Menschen aus allen Schichten verteidigen ihr Land mit der Waffe.

„Vor dem Krieg arbeitete ich als Juwelier, hatte Pläne für die Zukunft. Ich wollte nicht in der Armee dienen, sah keine Notwendigkeit dazu“, sagt der 20 Jahre alte Roman zum KURIER. Dann kam die russische Invasion. „Ich war extrem geschockt. Bis zum letzten Moment konnte ich nicht glauben, dass unser Brudervolk diese Grenze überschreiten würde“, sagt er. Roman kommt aus Dnipro, einer Stadt, die bisher größtenteils vom Krieg verschont war.

Doch mit den eintreffenden Meldungen über Kriegsverbrechen änderte er seine Meinung: „Ich konnte nicht mehr tatenlos herumsitzen, begann, mit meiner Familie für die ukrainischen Soldaten zu kochen.“ Roman ist mit seinem Sinneswandel nicht allein: In Charkiw etwa fanden sich drei Tage nach Kriegsbeginn junge Menschen zusammen, um Molotowcocktails zu mischen, falls die russischen Streitkräfte in die Stadt vorrücken würden.

Junge Männer und Frauen, die ihre Jobs im IT-Sektor oder ihre Studien an den Nagel hängten, um ihre Stadt zu verteidigen. Auch Artur, ein Hotelangestellter aus Charkiw, meldete sich zu Beginn der Invasion freiwillig. Es sind allerdings nicht nur die „einfachen“ Bürger, die zu den Waffen greifen: Politikerinnen, Spitzensportler, Rechtsanwälte – viele von ihnen sind in den Krieg gezogen.

Umschwung

Dass der vormals unbeliebte Präsident Wolodimir Selenskij das Land nicht verlassen hat, sondern in Kiew bleibt, imponiert den Ukrainern. Es galt keineswegs als sicher, dass sich so viele Menschen freiwillig melden würden. Zumindest am ersten Tag der russischen Invasion in Charkiw: 85 Prozent der Einwohner sprechen Russisch.

Nach den ersten Bombardements schlug die Stimmung um. Im Verbund mit regulären Soldaten schlugen rasch formierte Einheiten einen russischen Vorstoß zurück, kämpften zum ersten Mal in ihrem Leben. Ob der Hotelangestellte Artur noch lebt, ist unklar – mittlerweile ist der KURIER-Kontakt zu ihm abgebrochen. Roman kämpft inzwischen auch: „Ich wusste, dass ich mehr tun muss und meldete mich freiwillig“, sagt er. In einer Umfrage gaben 62 Prozent der Bevölkerung an, dass sie für ihr Land kämpfen würden. Dass alle Männer von 18 bis 60 zum Kriegsdienst gezwungen werden, ist Fakt. Viele kamen diesem Zwangseinzug jedoch durch ihre freiwillige Meldung zuvor.

Auch die Frauen kämpfen: Laut dem Außenministerium in Kiew stellen Frauen 15 Prozent der Streitkräfte. „Doch viele dieser jungen Frauen romantisieren das alles ein wenig in ihrem Heldenmut“, sagte eine Offizierin zur AFP. „Sie wollen hinausgehen und kämpfen, ohne wirklich zu verstehen, wie das alles funktioniert. Aber das gilt auch für einige der Männer.“

Roman ist überzeugt, dass der Sieg der Ukraine gehören wird: „Wir sind bereit, dazu – was immer dafür nötig ist“, sagt er und rezitiert ein Gedicht des ukrainischen Volkshelden Taras Schewtschenko: „Für dich Gerechtigkeit, für dich Herrlichkeit, und der Wille ist heilig!“

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