Kampf "um jeden Meter": Kämpfe in Bachmut nähern sich Zentrum

Kampf "um jeden Meter": Kämpfe in Bachmut nähern sich Zentrum
Seit Monaten ist die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine heftig umkämpft. Die Russen haben einen Großteil der Stadt unter Kontrolle. Die Ukraine gibt nicht klein bei.

Die heftigen Kämpfe um die ostukrainische Stadt Bachmut verlagern sich nach Angaben beider Seiten immer mehr ins Zentrum der Stadt.

Wagner-Söldner rückten "aus verschiedenen Richtungen" verstärkt in Richtung Zentrum vor und versuchten, "die Verteidigungsstellung unserer Truppen zu durchbrechen", erklärte der Kommandant der ukrainischen Bodentruppen, Oleksandr Syrskyj, am Montag.

Unterdessen teilte Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin in Onlinemedien mit: "Je näher wir dem Stadtzentrum kommen, umso heftiger die Kämpfe und umso mehr Artillerie gibt es." Prigoschin räumte ein, dass die Ukrainer "um jeden Meter" kämpften. "Die Lage ist schwierig, sehr schwierig", schrieb er. Die ukrainische Armee werfe "endlose Reserven" in die Schlacht.

Seit dem Spätsommer wird die Stadt Bachmut im Osten des Landes umkämpft, mit sich intensivierenden Kämpfen in den letzten Wochen. Bei einem russischen Erfolg würde sich für die Russen der Weg zu den Großstädten Slowjansk und Kramatorsk öffnen.

Einige Experten stellen den Sinn weiterer Kämpfe um die Stadt in der Region Donezk in Frage - Beobachter zweifeln an der strategischen Bedeutung Bachmuts. Die Stadt hat jedoch angesichts der seit Monaten andauernden Gefechte mit großen Verlusten mittlerweile für beide Seiten eine hohe symbolische Bedeutung erlangt.

Die Ukraine möchte Bachmut um jeden Preis halten. 

Keine Häftlinge mehr: Wagner mit Problemen

Nach britischer Einschätzung könnte die Söldnertruppe Wagner mangels neuer Häftlinge als Rekruten beim Krieg in der Ukraine Schwierigkeiten bekommen. Das Verteidigungsministerium in London verwies am Montag darauf, dass Moskau Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin die Möglichkeit genommen habe, Söldner in Gefängnisse zu rekrutieren. Die Hälfte der eingesetzten Gefangenen sei Opfer der schweren Kämpfe geworden.

Eine landesweite Rekrutierungskampagne gleiche die Verluste nicht aus. "Dauert das Verbot an, wird Prigoschin wahrscheinlich gezwungen sein, Umfang oder Intensität der Wagner-Einsätze in der Ukraine zu reduzieren."

In russischer Hand

Nach Einschätzung britischer Experten ist der Osten Bachmuts inzwischen größtenteils unter Kontrolle der Russen. Der Fluss Bachmutka, der in Nord-Süd-Richtung durchs Stadtzentrum fließt, sei nun die Frontlinie, hieß es in einem Bericht des britischen Verteidigungsministeriums vor wenigen Tagen. Dem Ministerium zufolge kontrollieren die ukrainischen Streitkräfte nur noch den Westen der Stadt. Wichtige Brücken über den Fluss Bachmutka wurden zerstört.

Vom Westteil der Stadt aus beschießen die ukrainischen Verteidiger nun eine "Todeszone" von 200 bis 800 Metern entlang des Flusses. Das mache es "sehr herausfordernd für die Wagner-Kräfte, ihren Frontalangriff nach Westen fortzusetzen". Auch das Institut für Kriegsstudien (ISW) aus den USA berichtete, dass es den Wagner-Söldnern zunehmend schwerfalle, im Stadtgebiet signifikante Fortschritte zu machen.

Hohe russische Verluste

Das russische Militär erleidet nach Angaben der Ukraine weiterhin sehr hohe Verluste. In weniger als einer Woche seien mehr als 1.100 Russen in der Nähe von Bachmut im Kampf gegen ukrainische Truppen gestorben, sagt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij in seiner nächtlichen Videoansprache.

Zudem seien 1.500 russische Soldaten so schwer verletzt worden, dass sie nicht mehr einsatzfähig seien. Um Bachmut wird seit Monaten heftig gekämpft.

Fehlende Munition

Bde Kriegsparteien klagen inzwischen über fehlende Munition. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sagte der Bild am Sonntag, die fehlende Munition sei das Problem "Nummer eins" im Kampf gegen die russischen Besatzer. "Deutschland könnte wirklich mehr bei der Munition helfen. Mit Artillerie-Munition."

Der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj drängte in einem Telefonat mit US-Generalstabschef Mark Milley auf neue Munition und Technik. 

Auch der russischen Söldnertruppe Wagner fehlt nach Angaben ihres Chefs Jewgeni Prigoschin an Artilleriegeschossen und Patronen. Für den Kampf um Bachmut brauche seine Truppe jeden Monat 10.000 Tonnen Munition, sagte Prigoschin in einem Video. Er forderte dringend Nachschub. Das Video zeigt ihn angeblich auf dem Dach eines Hauses in Bachmut. Zu sehen sind viele zerstörte Häuser und Straßenzüge. Von den einst 70.000 Einwohnern leben dort nur noch einige Tausend, die meisten in Ruinen. Der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert inzwischen mehr als ein Jahr.

Selenskij ehrt getöteten Scharfschützen

Selenskij hat einen im russischen Angriffskrieg getöteten Scharfschützen posthum mit dem Titel „Held der Ukraine“ geehrt. Der 42-Jährige sei „ein Mann, an den man sich für immer erinnern“ werde, sagte Selenskij in einer am Sonntag in Kiew verbreiteten Videobotschaft.

Das Video mit dem unbewaffneten Mann, der nach Äußerung des Spruchs „Ruhm der Ukraine“ mit mehreren Schüssen getötet worden war, sorgte international für Entsetzen. Nach ukrainischen Angaben wurde die Identität des Mannes nun durch Analysen endgültig geklärt.

Dem ukrainischen Geheimdienst SBU zufolge handelt es sich bei dem Soldaten um einen mutmaßlich von russischen Soldaten erschossenen Kriegsgefangenen. Ein Video einer mutmaßlichen Erschießung eines Mannes in ukrainischer Uniform durch Russisch sprechende Männer löste auch in Deutschland Bestürzung aus. Der Mann rief demnach vor den Schüssen den Gruß der ukrainischen Armee „Ruhm der Ukraine!“. Die Echtheit des Videos war von unabhängiger Seite zunächst nicht überprüfbar.

Ukraine steigt zu drittgrößtem Rüstungsimporteur auf

Die Ukraine ist in Folge des russischen Angriffskriegs innerhalb eines Jahres zu einem der größten Importeure von Rüstungsgütern weltweit geworden. Seit der Unabhängigkeit der ehemaligen Sowjetrepublik 1991 wurden nur wenige schwere Waffen aus dem Ausland eingeführt - vergangenes Jahr stieg die Ukraine durch die Militärhilfen aus den USA und Europa jedoch zum drittgrößten Rüstungsimporteur auf.

Das geht aus einem Bericht hervor, den das Friedensforschungsinstitut Sipri aus Stockholm am Montag veröffentlichte. Vor der Ukraine liegen nur Katar und Indien. Im Zeitraum 2018 bis 2022 steht die Ukraine mit einem Anteil von 2,0 Prozent am Volumen der globalen Rüstungseinfuhren auf Platz 14.

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