Größte Offensive seit Wochen: Russen wollen Awdijiwka einkesseln

Größte Offensive seit Wochen: Russen wollen Awdijiwka einkesseln
Die russische Armee versucht eine der wichtigsten Bastionen der Ukraine im Donbass einzukesseln.

Die russische Armee versucht eine der wichtigsten Bastionen der Ukraine im Donbass einzukesseln: die Industriestadt Awdijiwka in unmittelbarer Nähe von Donezk.

Zwar berichtete der ukrainische Generalstab, die Sturmangriffe seien abgewehrt worden - 13 Attacken bei Awidijiwka selbst, zehn Attacken nahe dem etwas nördlich gelegenen Dorf Stepowe.

Mehr lesen: Russische Raketenangriffe auf Hafenstadt Odessa

Weiters in diesem Artikel:

  • 500 Milliarden Dollar Unterstützung für Ukraine
  • Zusage: Belgien schickt F-16
  • 40 Millionen Euro aus Österreich
  • Nächtliche Drohnenangriffe
  • Drohne über Rumänien abgestürzt
  • Ukrainische Angriffe in Belgorod
  • Putin in Kirgistan

Doch die von Flugzeugen, Artillerie und Dutzenden Panzern unterstützte Offensive ist die größte der russischen Armee seit Wochen.

In der Nacht auf Donnerstag griff Russland den Süden und Osten der Ukraine zudem wieder mit zahlreichen Kampfdrohnen an, wie die ukrainische Luftwaffe mitteilte.

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Awdijiwka liegt nur gut 15 Kilometer von Donezk entfernt und ist seit 2014 Frontstadt, als im Osten die Kämpfe zwischen den von Moskau geführten Separatisten und der ukrainischen Armee begannen. Als Russland 2022 seine großangelegte Invasion begann, hatte die von einer großen Kokerei geprägte Stadt noch über 30 000 Einwohner.

Nur ein paar hundert Menschen sollen trotz Beschuss noch dort ausharren. Die russische Offensive soll nach Einschätzung von Militärexperten Druck von anderen Frontabschnitten nehmen und ukrainische Kräfte binden.

Schwerste Angriffe seit Februar 2022

Der Militärverwaltungschef von Awdijiwka, Witalij Barabasch, nannte die russischen Angriffe die schwersten seit Beginn der Invasion im Februar 2022. Dabei seien am Dienstag etwa 60 Panzer eingesetzt worden. Aktuell griffen russische Infanteriegruppen mit Unterstützung aus der Luft, aber ohne Panzertechnik an, sagte er dem Radiosender Donbass Realiji.

Allein am Mittwoch seien 23 Raketen auf das Stadtgebiet abgefeuert worden. Russische Quellen berichteten von Geländegewinnen nördlich von Awdijiwka. Unabhängig ließen sich die Angaben zunächst nicht überprüfen.

500 Milliarden Dollar Unterstützung für Ukraine

Die Ukraine erhielt bei dem Treffen ihrer Unterstützerländer im sogenannten Ramstein-Format Hilfen im Wert von 500 Milliarden US-Dollar (471 Millionen Euro). Das sagte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umarow nach dem Treffen in Brüssel am Mittwoch. Auf der Liste stünden Flugabwehr, Munition, Hilfe für den kommenden Winter sowie Kampflugzeuge vom Typ F-16, sagte Umerow.

"Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Stärkung unserer Luftverteidigung und den wichtigsten Instrumenten an der Front, Artillerie, Systemen mit hoher Reichweite", sagte Präsident Wolodymyr Selenskij in seiner Videobotschaft am Mittwochabend.

Zusage: Belgien schickt F-16

Neben Hilfspaketen aus den USA, Großbritannien und Finnland versprach Belgien die Lieferung von F-16.

"Es war also ein starker Tag!", sagte Selenskij. "Belgien, ich danke euch! Allen Ramstein-Verbündeten: Danke! Den Vereinigten Staaten bin ich dankbar für ihre Führung und Unterstützung! Jeden Tag werden unsere Soldaten und unser ganzes Volk stärker."

Die neuen Zusagen sind für das angegriffene Land wichtig, weil die Front der Unterstützer an einigen Stellen brüchig wird. So blockiert in den USA ein Haushaltsstreit die Finanzierung weiterer Hilfen für die Ukraine.

Mehr lesen: Ukraine erwartet Einsatz von F-16-Kampfjets im Frühjahr

40 Millionen Euro aus Österreich

Österreich macht weitere 40 Millionen Euro für den Wiederaufbau von Ukraine und Moldau locker. Dies teilte das Finanzministerium am Donnerstag mit. "Österreich zeigt erneut seine Solidarität mit Ländern, die von Krisen getroffen werden. Mit dieser Investition unterstreichen wir unsere Verpflichtung, den Wiederaufbau und die Erholung in der Ukraine und Moldau zu unterstützen", so Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Rande der Weltbank/IWF-Tagung in Marrakesch.

30 Millionen Euro sollen im Rahmen des kürzlich ins Leben gerufenen Sonderprogramms für die Ukraine und Moldau (SPUR) innerhalb der International Development Association (IDA) fließen. Zusätzlich werde über den Ukraine Relief, Recovery, Reconstruction and Reform Trust Fund (URTF) der Weltbank eine Soforthilfe in Höhe von zehn Millionen Euro zugesagt. Bereits im Vorjahr hatte Österreich 30 Millionen Euro über den Ukraine Trust Fund gezahlt.

Nächtliche Drohnenangriffe

In der Nacht auf Donnerstag griff Russland den Süden und Osten der Ukraine wieder mit zahlreichen Kampfdrohnen an. Explosionen wurden aus den Gebieten Charkiw im Osten sowie Odessa und Cherson im Süden gemeldet. Zu möglichen Schäden gab es noch keine Angaben.

In der im November 2022 von ukrainischen Truppen zurückeroberten Gebietshauptstadt Cherson schlugen am Mittwochabend nach Behördenangaben fortwährend russische Artilleriegeschosse ein. Dabei seien mehrere Hochhäuser beschädigt worden. Cherson liegt direkt am Strom Dnipro, dessen Südufer von russischen Truppen besetzt ist.

Früher am Tag hatte russischer Beschuss die Stadt Nikopol im Gebiet Dnipropetrowsk getroffen.

Aus den Trümmern einer Schule bargen Rettungsmannschaften bis zum Abend vier Tote, wie der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko mitteilte.

Drohne über Rumänien abgestürzt

Eine Kampfdrohne stürzte auch über Rumänien ab. Wie das Verteidigungsministerium in Bukarest am Donnerstag mitteilte, habe man drei Kilometer westlich des Dorfs Plauru in unbewohntem Gebiet einen Drohnenkrater gefunden, der durch eine Explosion ausgelöst worden sein könne. Plauru liegt am Donau-Arm Chilia, der die Grenze zur Ukraine bildet, direkt gegenüber des ukrainischen Hafens Ismajil - in weniger als 500 Meter Entfernung.

Rumäniens Militär habe die russischen Drohnenbewegungen seit Mittwoch kurz vor Mitternacht wahrgenommen, hieß es weiter aus dem Verteidigungsministerium. Die Bevölkerung in den angrenzenden Bezirken Galati und Tulcea sei vom Katastrophenschutz gewarnt worden. Nach einem Hinweis der Grenzpolizei habe man dann den Drohnenkrater bei Plauru gefunden.

Im September dieses Jahres waren bereits zwei Mal bei Plauru Reste russischer Shahed-Drohnen iranischer Bauart abgestürzt und einmal in der Nähe des Donaudelta-Dorfs Nufaru, 14 Kilometer Luftlinie von der ukrainischen Grenze entfernt.

Ukrainische Angriffe

Die russische Seite meldete zwei Todesopfer nach einem angeblichen ukrainischen Drohnenangriff in der Grenzregion Belgorod. Rettungskräfte hätten aus den Trümmern eines Hauses die Leichen einer Frau und eines Mannes geborgen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow.

Zwei weitere Menschen befänden sich in ernstem Zustand im Krankenhaus, ein Kind sei möglicherweise noch eingeklemmt. Zwei weitere Häuser seien beschädigt worden. Die Ukraine erwähnt Gladkow nicht. Das ukrainische Militär fliegt immer häufiger Drohnen- und Raketenangriffe auf Ziele in Südrussland und auf der von Russland annektierten Krim.

Putin in Kirgistan

Russlands Präsident Wladimir Putin ist am Donnerstag in der zentralasiatischen Republik Kirgistan eingetroffen - es ist sein erster Auslandsbesuch in diesem Jahr. Es ist auch das erste Mal, dass der Kremlchef seit Erlass des Haftbefehls des Weltstrafgerichts in Den Haag Russland verlassen hat.

In Kirgistan droht dem 71-Jährigen anders als in vielen anderen Ländern der Erde keine Festnahme wegen Kriegsverbrechen gegen die Ukraine. Bei seinem bis Freitag geplanten Aufenthalt in dem Land dürfte sich Putin einmal mehr auch zu seinem seit fast 600 Tagen andauernden Krieg gegen die Ukraine äußern.

Größte Offensive seit Wochen: Russen wollen Awdijiwka einkesseln

Der Kremlchef plant eine Reihe bilateraler Treffen in Kirgistan und am Freitag auch die Teilnahme am Gipfel der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), in der frühere Sowjetrepubliken zusammenarbeiten. Putin will mit der Reise einmal mehr zeigen, dass er trotz der Sanktionen des Westens im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine international nicht isoliert ist.

Ziel seiner Reise ist auch, anderen Staaten wie China, der Türkei und der Europäischen Union im Ringen um Einfluss in Zentralasien nicht das Feld zu überlassen. Putin nimmt laut Kreml in Kant - rund 20 Kilometer östlich von Bischkek - auch an einer Zeremonie zum 20-jährigen Bestehen der dortigen russischen Luftwaffenbasis teil. In der kommenden Woche plant Putin laut Kreml auch eine China-Reise.

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