So verhielt sich die Situation ein Jahr vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Seither hat nicht nur die Regierung Zehntausende Waffen ohne Registrierung an die Bevölkerung vergeben, auch die ganze westliche Welt liefert Waffen an die Ukraine, deren Soldaten und Milizionäre auch nach fünf Monaten den unbändigen Willen zeigen, die Souveränität ihres Landes zu verteidigen. Ohne Waffen aus dem Westen ist das aber nicht möglich.
Waren es zu Beginn des Krieges leichte Panzerabwehrwaffen, die sich bewährten, ist es aktuell der amerikanische HIMARS-Mehrfachraketenwerfer, der im Abnützungskrieg die Hoffnung der Ukrainer am Leben hält. Problem: Die Sorge, dass ein Teil der Kriegsgüter gestohlen und dann am Schwarzmarkt an Terroristen verkauft wird, ist nicht unbegründet. Bereits im April merkte Europol an, dass es Anzeichen dafür gebe, dass der Waffenschmuggel aus der Ukraine in die EU bereits begonnen habe. Es handle sich um eine potenzielle Bedrohung der Sicherheit der EU.
Nach ukrainischer Rhetorik sind die Bedenken und Vorwürfe Teil einer „russischen Desinformationskampagne“, wie der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow vor einer Woche sagte. Es seien falsche Behauptungen, europäische Politiker, die die „Behauptungen verbreiten“, seien „süchtig nach billigem Gas und Geld aus Russland“, fügte er hinzu. „Wir müssen überleben. Wir haben keinen Grund, Waffen aus der Ukraine zu schmuggeln“, setzte er nach.
Tatsächlich werden aber bereits die Panzerabwehrlenkwaffen Javelin im Darknet zum Verkauf angeboten. Ob es sich hier um Stücke handelt, die Ukrainer verkaufen wollten, oder ob sie russische Beutewaffen waren, ist nicht eindeutig ermittelbar. Auch bei den Boden-Luft Stinger-Raketen ist die Sorge groß, dass sie auf den Schwarzmarkt gelangen könnten.
Auf russischen Videos, etwa nach der Eroberung von Sjewjerodonezk, sind Dutzende erbeutete Waffen zu sehen – auch Panzer.
Während große Waffensysteme wie Haubitzen mit einem eigenen GPS-Tracker versehen sind, ist das bei kleineren Geräten wie Javelin und Stinger nicht so leicht möglich. Man nutze bereits jetzt NATO-Software aus dem Jahr 2019, um möglichst viele Waffen und Waffensysteme nachzuverfolgen, sagt Reznikow. Es gebe aber nur begrenzte Lizenzen und Personalressourcen dafür – man arbeite daran, das zu verbessern. „Wir verstehen das, müssen hier rasch besser werden“, sagte er. Das derzeit genutzte System werde ausgeweitet, sodass Brigaden und später Bataillone kontrolliert werden könnten. Daneben arbeite Kiew an der Entwicklung zweier weiterer Programme.
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