Das von rund 88 Millionen Menschen verfolgte Konto @realDonaldTrump ist dauerhaft gesperrt. Der kalifornische Kurzmitteilung-Riese begründete dies damit, dass Trump nach der Erstürmung des Kapitols, die fünf Todesopfer forderte, weiter Gewalt verherrlicht habe. Weil es in einschlägigen Kreisen Hinweise auf eine erneute Attacke auf das Parlament in Washington am 17. Jänner gebe, habe man die Reißleine gezogen.
„Zensur!“, zeterte Trump. Er gab einer Verschwörung von Demokraten, Linken und Twitter die Schuld. Er und seine Wähler, alle „großartige Patrioten“, sollen mundtot gemacht werden. Er werde auf andere Dienste ausweichen oder eine eigene Plattform aufbauen.
"Parler" keine Alternative
Sollte der Präsident „Parler“ ins Auge gefasst haben, stehen die Chancen schlecht. Das 2018 gegründete Alternativ-Twitter, Tummelplatz für vorwiegend rechtslastige Leute, die anderswo ausgemustert wurden, ist ins Fadenkreuz von Apple und Google geraten. Die Internet-Riesen erwägen, die App zu blockieren.
Das Zerwürfnis mit Twitter beendet eine historisch einmalige Liaison, die Trump 2017 so einschätzte: „Ich bezweifle, dass ich ohne die sozialen Medien heute hier wäre.“ Mit den Worten seines ersten Regierungssprechers Sean Spicer: „Ohne Twitter wäre er, glaube ich, nicht Präsident geworden.“ Um traditionelle Medien zu umlaufen und in Holzhammer-Rhetorik direkt mit seiner Basis kommunizieren zu können, und das zu jeder Tages- und Nachtzeit, war Twitter für Trump wie eine Ein-Mann-Nachrichten-Agentur, bei der niemand redigiert.
Zweifel gesät
Obwohl Trump Fremdenfeinde (Muslim-Bann), Rassisten (George Floyd: Wenn das Plündern beginnt, beginnt das Schießen) und Rechtsextremisten (Charlottesville) mit seinen oft vor Tipp-Fehlern strotzenden Mitteilungen streichelte, ließ Twitter-Boss Jack Dorsey den „Twitterator“ lang gewähren. Die Wende kam im vergangenen Mai. Trump legte die Saat für seine jetzt explodierte Legende vom (Brief-)Wahlbetrug. Seitdem versah Twitter Dutzende Einträge mit Warnhinweisen oder löschte sie.
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