Politikberater Hofer: "Trump hat sich selbst ins Knie geschossen"
KURIER: Herr Hofer, um Donald Trump wird es einsam. Mittlerweile sind Minister und engste Mitarbeiter von ihm zurückgetreten. Hat sich die mögliche Wiederkandidatur 2024 seit Mittwoch erledigt?
Thomas Hofer: Donnerstag hat Trump sehr spät – wohl zu spät – eine Kehrtwende weg von der permanenten Radikalisierung vollzogen und garantiert nun eine geordnete Amtsübergabe. Das ist reine Schadensbegrenzung. Von Selbstreflexion ist er weit entfernt, aber die Reaktionen auf die unfassbaren Szenen vom Kapitol haben ihm immerhin gezeigt, dass er den Bogen dramatisch überspannt hat. Die Chancen für eine Wiederkandidatur hat er mit der Rede zur Mobilmachung seiner Anhänger aber deutlich minimiert.
Das sieht man an den Reaktionen der Republikaner inklusive des Vizepräsidenten, die ihm zu lange die Stange gehalten haben. Die Republikaner befinden sich mit und ohne Trump in einer Identitätskrise. Aber die ehemalige "Grand Old Party" zieht immerhin die Notbremse. Sie muss sich auch aus der toxischen Umklammerung Trumps lösen.
Hat sich Trump am Mittwoch erstmals verkalkuliert?
Er hat sich schon mit der Art des Corona-Managements verkalkuliert. Ich war beim Wahlkampffinale in Washington und überrascht, dass Trump nicht bald nach der Niederlage Tempo rausgenommen hat. Ich dachte, Trump wird versuchen, eine Generalamnestie für sich und die Seinen zu bekommen. Stattdessen hat er immer weiter Öl ins Feuer gegossen, wissend, dass real nichts rauskommen kann.
Mit Blick auf die Wiederkandidatur hätte Trump abwarten können, ob Joe Biden scheitert. Denn die Vorgabe, dass der neue US-Präsident das Land einen soll und nebenbei die Covid-Krise und ihre Folgen managt, ist eine Herkulesaufgabe. So aber hat Trump sich selbst ins Knie geschossen. Mit seiner Linie hat er, auch wenn es zynisch klingt, Biden einen Gefallen getan.
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