Trump will US-Wahl verschieben

U.S. President Trump hosts coronavirus response task force briefing at the White House in Washington
Der US-Präsident warb auf Twitter dafür, die Wahl zu verschieben. Erfolg dürfte er damit keinen haben - Republikaner und Demokraten sind dagegen.

Als Herausforderer Joe Biden Ende April vermutete, dass Donald Trump „irgendwie versuchen wird, die Wahl nach hinten zu verschieben“, konterte der US-Präsident mit dem Vorwurf der „erfundenen Propaganda“. Trump wörtlich: „Ich habe nie auch nur daran gedacht, den Wahltermin zu verschieben.“  

Das Gegenteil ist der Fall. Biden lag richtig.

Gut 100 Tage vor dem Urnengang brachte der in Umfragen beständig abstürzende Amtsinhaber erstmals die Verschiebung des Termins am 3. November ins Spiel. Obwohl ihm rechtlich jede Handhabe fehlt.

Seine Begründung, der unabhängige Aufsichtsorganisationen und selbst prominente republikanische Politiker    widersprechen: Wegen der durch die Corona-Krise absehbar steigenden Zahlen von Briefwählern (viele Menschen werden aus Angst  Wahllokale meiden) würden die 2020er-Wahlen die „fehlerhaftesten und betrügerischsten“ in der Geschichte. So schrieb Trump auf Twitter und sagte den USA eine „große Peinlichkeit“ voraus. Am Ende stellte er eine rhetorisch verbrämte Frage, die Washington in Wallung brachte: „Die Wahl verschieben, bis die Menschen richtig und in Sicherheit wählen können???“.

Termin steht felsenfest

Erstes Problem: Es gibt keine Beweise, dass Briefwahlstimmen  je eine US-Wahl verfälscht hätten; auch nicht in  Colorado oder Utah, die Briefwahl ohne größere Auflagen möglich machen.

Zweites Problem: Die US-Verfassung legt seit 1845 alle vier Jahre wie in Stein gemeißelt den Dienstag nach dem ersten Montag im November als Termin fest. Daran kann kein Präsident rütteln. Nur der Kongress könnte eine Verlegung erwirken. Selbst wenn Trump den Senat (von den Republikanern beherrscht) in Marsch setzten könnte: Das Repräsentantenhaus (von den Demokraten dominiert) würde die Pläne zunichte machen. 

"Bizarrer Beitrag"

Trumps seit März 70. Versuch,  Zweifel an der Seriosität der Briefwahl zu schüren, prallte auf breite  Ablehnung. Top-Republikaner  wie Mitch McConnell oder die ehemaligen Präsidentschaftsbewerber Marco Rubio und Ted Cruz machten unmissverständlich klar, dass es keine Verschiebung geben wird. Verfassungsrechtler Jonathan Turley, der Trump im Amtsenthebungsverfahren zur Russland-Affäre noch beigesprungen war, sprach von einem „bizarren“ Beitrag im „Widerspruch“ zur Verfassung. Historiker erinnerten, dass die Präsidenten Lincoln (während des Bürgerkrieges) und Roosevelt (während des 2. Weltkrieges) nie an die Verschiebung der „wichtigsten Entscheidung in einer Demokratie gedacht haben“.

Ablenkung von Krise

Bei den Demokraten herrschte Empörung über den auch in konservativen Medien einhellig als „Ablenkungsmanöver“ charakterisierten Testballon Trumps an einem Tag, an dem die US-Wirtschaft den größten Quartalseinbruch aller Zeiten  – minus 30 Prozent – zu verkraften hatte. Und an dem die Corona-Totenzahlen stiegen. Prominentestes Opfer: der republikanische Ex-Präsidentschaftsbewerber Herman Cain. Der 74-Jährige war Ende Juni – ohne Mundschutz – Gast bei Trumps im Rückblick von Gesundheitsexperten als „fahrlässig verantwortungslos“ bezeichneten Wahlkundgebung in Tulsa gewesen. Kurz danach erkrankte er an dem Virus.

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