Die Infektionszahlen steigen in Israel ebenso wie die Ansteckungsrate steil nach oben. Das Gesundheitsministerium teilte am Sonntag mit, binnen 24 Stunden seien mehr als 17.500 neue Fälle registriert worden – so viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie. Doch die Regierung im Land der Impfweltmeister reagiert trotzdem mit einer Lockerung der Maßnahmen. Konkret: Mit der Aufhebung von Verboten, mit kürzerer Quarantäne und dem Verkauf von Schnelltests in den Supermärkten.
Auch Touristen, soweit voll geimpft, soll die Einreise wieder erlaubt werden. Omikron, so verkündet es die Mehrheit der Experten, ist zu schnell und wendig für Sperren. Als einzige Optionen bleiben somit eine noch stärkere Masken-Disziplin und eine noch höhere Durchimpfungsrate.
Die Bevölkerung ist angesichts der Kehrtwende verwirrt. Viele fragen sich: Welcher Plan verbirgt sich hinter den lockeren Maßnahmen?
„Wir rechnen mit massenhaften Ansteckungen, die jedoch vor allem bei Immunschwachen und über 60-Jährigen gefährliche Symptome auslösen“, erklärte am Sonntag der Corona-Beauftragte Salman Sarka. Für Jüngere ohne Vorerkrankungen verlaufe eine Infektion mit schwachen Symptomen. So ansteckend die Omikron-Variante auch sei, sorge sie doch seltener für schwere Verläufe als ihr Vorgänger Delta.
Für die Risiko-Gruppen seien daher weiter die zuverlässigeren PCR-Tests erhältlich. Eine vierte Impfung für Geboosterte, also im Grunde die zweite Auffrischungsdosis, wird bereits seit letzter Woche verabreicht.
Eine Minderheit unter den Experten widerspricht: Auch Omikron habe seine Tücken und die gefährlichere Delta-Variante sei weiter im Umlauf. Eine Überlastung der Intensivstationen sei mit der neuen Ausrichtung nicht auszuschließen. Auch sei ein drastischer Anstieg der Impfbereitschaft nicht zu erwarten. Bislang noch Ungeimpfte seien unbelehrbare Impfverweigerer.
Achillesferse: Die Schulen
Doch nicht die Experten bestimmen die Richtlinien der Politik, sondern die Regierung – und Premier Naftali Bennett bleibt bei seiner Ablehnung rigoroser Lockdowns. Die kosten den Staat zwar letzten Gutachten zufolge weniger Milliarden als befürchtet, doch auch die jetzigen Einschränkungen verursachen Unkosten.
Die Achillesferse des Systems sind zurzeit vor allem die Schulen. Hier ist die Reproduktionsrate weit höher als im Landesdurchschnitt. Und die jetzt angebotenen Schnelltests für alle Schüler sind nicht so zuverlässig wie teure PCR-Tests. Die Durchführung der schuleigenen Schnelltests wird nach Schnell-Kursen durch Lehrer kontrolliert. Die für Geimpfte jetzt zugelassenen Schnelltests für Zuhause sollen die langen Warteschlangen vor den Test-Stationen verkürzen. Müssen aber immer mehr Schüler in Quarantäne, läuft das für ihre Familien letztlich auf einen Quasi-Lockdown hinaus.
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