Luftangriffe auf Odessa: Tote und Verletzte nach Angriff

UKRAINE-RUSSIA-CONFLICT
Attacken am Abend auf Hafenstadt fortgesetzt. Angeblich noch Zivilisten in Asowstal-Werksgelände in Mariupol.

Tag 75 nach dem russischen Angriff auf die Ukraine:

Bei russischen Raketenangriffen auf die ukrainische Hafenstadt Odessa sind in der Nacht auf Dienstag mindestens ein Mensch getötet und fünf weitere verletzt worden. Das berichtete die Agentur Unian unter Berufung auf die örtliche Militärführung. Entgegen Berichten über die vollständige Evakuierung aller Zivilisten aus dem von russischen Truppen belagerten Asowstal-Werk in Mariupol sollen sich dort unterdessen immer noch rund 100 Zivilisten aufhalten.

"Der Feind hält seinen psychologischen Druck aufrecht und setzt seine hysterischen Attacken gegen friedliche Zivilisten und die zivile Infrastruktur fort", hieß es. Odessa wurde am Abend von zahlreichen Explosionen erschüttert, die sowohl auf Raketeneinschläge als auch die Luftabwehr zurückzuführen waren. Nach Medienberichten wurden unter anderem ein Einkaufszentrum und ein Warenlager getroffen.

Am Montagabend hatte die russische Luftwaffe nach Darstellung des ukrainischen Militärs mehrere Hyperschallraketen vom Typ Kinschal auf Odessa abgefeuert. Dabei seien "touristische Objekte" getroffen und mindestens fünf Gebäude zerstört worden, berichtete die Ukrajinska Prawda.

Das US-Verteidigungsministerium hat hingegen keine Hinweise auf den Einsatz von Hyperschallraketen bei den jüngsten russischen Angriffen auf die ukrainische Hafenstadt Odessa. Er könne den Einsatz solcher Waffen in Odessa nicht bestätigen, sagte ein hochrangiger Ministeriumsmitarbeiter am Dienstag bei einer Telefonschaltung mit Journalisten. Luftangriffe auf Odessa hätten in den vergangenen Tagen aber zugenommen.

Die Hafenstadt im Süden der Ukraine ist seit Sonntagabend Ziel verstärkter russischer Raketenangriffe. Am Montagnachmittag schlugen während eines Besuchs von EU-Ratspräsident Charles Michel mehrere Raketen in der Region ein. Michel und der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal mussten deswegen Schutz suchen. Damit zeige Russland seine wahre Haltung gegenüber Europa, kommentierte am Abend Präsident Wolodimir Selenskij.

Nach den Worten von US-Präsident Joe Biden sieht der russische Staatschef Wladimir Putin keinen Ausweg aus dem Ukraine-Krieg. Das Problem, das ihn jetzt beunruhige, sei, dass der russische Staatschef "im Moment keinen Ausweg weiß, und ich versuche herauszufinden, was wir dagegen tun können", sagte Biden indes. Putin sei ein sehr überlegter Mann und habe fälschlicherweise geglaubt, der Einmarsch in die Ukraine würde die NATO und die Europäische Union spalten.

In dem von russischen Truppen belagerten Asowstal-Werk in der Hafenstadt Mariupol sollen sich noch immer etwa 100 Zivilisten aufhalten. Zudem hielten sich immer noch rund 100.000 Menschen in der schwer zerstörten Stadt auf, sagte der regionale Verwaltungschef Pawlo Kyrylenko am Montagabend. "Schwer zu sagen, wer von ihnen die Stadt verlassen will", wurde er von der Ukrajinska Prawda zitiert.

In Stahlwerk verschanzt

Ukrainische Truppen haben sich im Stahlwerk verschanzt, der letzten Bastion in Mariupol. In den vergangenen Tagen wurden von dort mit Hilfe der Vereinten Nationen und des Roten Kreuzes mehrere hundert Frauen, Kinder und ältere Menschen evakuiert. Die Verteidiger von Asowstal wollten aber nicht ausschließen, dass sich noch Zivilisten in einigen Kellern des weitläufigen Geländes aufhielten.

Baerbock sichert Ukraine Aufklärung der Kriegsverbrechen zu

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ist als erstes deutsches Regierungsmitglied seit Kriegsbeginn in die Ukraine gereist und hat eine lückenlose Aufklärung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit gefordert. Die Grünen-Politikerin verschaffte sich am Dienstag zunächst einen Eindruck in Butscha und in Irpin, zwei Vororte von Kiew, in denen russische Soldaten Gräueltaten an Zivilisten begangen haben sollen. In Kiew traf Baerbock ihren ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba.

Baerbock sprach in Butscha von "Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Es sei ein Ort, an dem "die schlimmsten Verbrechen" verübt worden seien. "Und deswegen ist es mir unglaublich wichtig, heute hier zu sein." Bearbock wurde begleitet von der ukrainischen Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa, die die Vorfälle untersucht. Ihr habe Baerbock "Deutschlands volle Unterstützung bei der Aufklärung der Kriegsverbrechen zugesichert: politisch, finanziell und personell".
 

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