Nach Verstimmung mit Berlin: Außenministerin Baerbock in Kiew
Außenministerin Annalena Baerbock ist als erstes deutsches Kabinettsmitglied seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine in die Hauptstadt Kiew gereist. Die Grünen-Politikerin machte sich am Dienstag zunächst im Vorort Butscha ein Bild von der Lage. Dort waren nach dem Abzug der russischen Truppen mehr als 400 Leichen gefunden worden - teils mit auf den Rücken gebundenen Händen. Am Nachmittag ist unter anderem ein Gespräch Baerbocks mit ihrem Amtskollegen Dmytro Kuleba geplant.
„Wir sind es diesen Opfern schuldig, dass wir hier nicht nur gedenken, sondern dass wir die Täter zur Verantwortung bringen und ziehen“, sagte die Grünen-Politikerin in Butscha. „Das werden wir als internationale Gemeinschaft tun. Das ist das Versprechen, was wir hier in Butscha geben können und geben müssen“, betonte sie.
Keine russische Energie mehr - für immer
Baerbock erklärte zudem, dass Deutschland künftig komplett ohne Energie des „Aggressors“ Russland auskommen wolle. „Deshalb reduzieren wir mit aller Konsequenz unsere Abhängigkeit von russischer Energie auf Null - und zwar für immer“, sagte die Ministerin bei einer Pressekonferenz mit ihrem Kollegen Dmytro Kuleba.
Die Ministerin will zudem die seit Mitte Februar geschlossene deutsche Botschaft in Kiew wiedereröffnen. Die letzten entsandten Mitarbeiter der Botschaft waren am 25. Februar nach Polen ausgereist und hatten teils von dort und teils von Berlin aus weitergearbeitet.
Deutschland ist eines der letzten westlichen Länder, das die Wiedereröffnung seiner Botschaft in Kiew ankündigt. Am Sonntag hatten die USA und Kanada die Rückkehr von Botschaftsmitarbeitern verkündet. Davor waren bereits Vertretungen der EU, Frankreichs, Italiens, Großbritanniens, Österreichs und anderer Staaten in Kiew wieder eröffnet worden. Aus der Gruppe der G7-Staaten der führenden demokratischen Industrienationen fehlt nur noch Japan, das die Wiedereröffnung seiner Botschaft noch nicht angekündigt hat.
In Deutschland wurde lange debattiert, ob man schwere Waffen in die Ukraine liefern könne. Letztendlich stimmte in der Ampelregierung nach den Grünen und der FDP auch die SPD zu.
Irritationen ausgeräumt
In den vergangenen Wochen hatte es um Besuche deutscher Politiker in der Ukraine viele Diskussionen gegeben. Eine Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der zusammen mit den Präsidenten Polens und der drei baltischen Staaten nach Kiew reisen wollte, sorgte in Berlin für erhebliche Verstimmung. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Ausladung Steinmeiers als Hindernis für eine eigene Reise nach Kiew bezeichnet. Nachdem Steinmeier und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Irritationen vergangene Woche in einem Telefonat ausgeräumt hatten, kündigte Scholz an, dass Baerbock bald reisen werde. Ob und wann Scholz nach Kiew reisen könnte, ist noch unklar.
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