Humanitäre Hilfe in der Höhe von 6,2 Milliarden Euro – so viel hat in der Vorwoche eine internationale Geberkonferenz für die Ukraine erbracht. Doch die benötigt viel, viel mehr. Ärzte, Feuerwehr, Eisenbahner, Beamte, Löhne, Pensionen, Sozialhilfen müssen bezahlt, der Staat muss trotz Krieg irgendwie weiter funktionieren. Dafür benötigt die Ukraine laut Internationalem Währungsfonds jedes Monat fünf Milliarden Euro.
"Nicht untergehen lassen"
Der Ukraine dabei zu helfen, den Staat nicht untergehen zu lassen, „das ist in den nächsten Wochen und Monaten unsere Top-Priorität“, schildert EU-Budgetkommissar Johannes Hahn. Wobei der Chef über den Europäischen Haushalt diese Unterstützung gleich mit dem Wiederaufbau verknüpft sehen möchte – und auch an Bedingungen: Die Ukraine will Mitglied der EU werden, so viel hat Präsident Wolodimir Selenskyj immer wieder klargemacht. Und auch EU-Kommissar Hahn steht auf dem Standpunkt, „dass die Ukraine wie jedes Land auf europäischem Territorium, das gewisse Grundvoraussetzungen erfüllt, das Recht hat, ein Beitrittsansuchen zu stellen.“
Hilfe an Reformen knüpfen
Hahn formuliert vorsichtig, doch die Idee dahinter ist klar: Viel Geld wird demnächst in die Ukraine fließen. Waum die Unterstützung also nicht gleich an Reformbedingungen knüpfen, wie sie jeder beitrittswillige Staat erfüllen muss. Eine baldigen Beitritt der Ukraine zur EU sieht Hahn nicht: „Wir reden hier von Jahren.“
Öl- und Gasembargo
Eine umso raschere Entscheidung erwartet Hahn in Bezug auf ein europäisches Ölembargo gegen Russland. Der frühere NATO-Chef Anders Fogh Rasmussen zeigte sich dennoch noch nicht zufrieden. Der Däne, der auf Einladung eines von Hahn initiierten Europa-Seminars nach Salzburg reiste, beharrt auf ein vollständiges Öl-und Gasembargo gegen Russland: „Wir sollten sofort damit aufhören, Putins Kriegsmaschine zu finanzieren. 40 Prozent der russischen Einnahmen kommen aus dem Energieexport“, forderte Rasmussen energisch.
Russland kein Opfer
Auch dem russischen Vorwurf, dass die NATO mit ihrer Osterweiterung die Sicherheit Russlands bedrohe, kann der Ex-NATO-Chef nichts abgewinnen. „Wir haben Russland immer wieder Zusammenarbeit angeboten. Wenn es jetzt versucht, sich als Opfer darzustellen, sollte man im Kreml darüber nachdenken, warum frühere Warschauer-Pakt-Staaten so dringend eine NATO-Mitgliedschaft angestrebt haben.“
Auch Horst Teltschik, einst engster Berater des deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl, stimmt im Salzburger Schloss Leopoldskron mit Rasmussen überein: Putins Darstellung, wonach der Westen versprochen habe, dass es nie eine NATO-Osterweiterung geben würde, „stimmt nicht - no way“.
Keine Versprechen an Moskau
Keiner weiß das besser als der heute 80-jährige Teltschik, der einst die deutsche Wiedervereinigung mit Russland mitverhandelt hat. Michail Gorbatschow, damals Präsident der UdSSR, habe nur gefordert, dass keine NATO-Truppen in der damaligen DDR stationiert werden dürften. Zumindest solange dort noch sowjetische Soldaten standen.
Und Teltschik erinnert sich auch: „US-Präsident Clinton hat in den 90er-Jahren Russlands Präsident Jelzin angeboten, Russland in die NATO aufzunehmen. Jelzin hat geantwortet: „Für Russland ist es noch zu früh.“
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