Kickl verteidigt Russland und argumentiert für Neutralität der Ukraine

Kickl verteidigt Russland und argumentiert für Neutralität der Ukraine
Der FPÖ-Chef ist gegen die EU-Sanktionen gegen Russland. Zum Kanzler-Vorschlag der Gewinnabschöpfung sagt er, das müsse auch für private Betriebe gelten.

FPÖ-Chef Herbert Kickl hat am Sonntag in der ORF-Pressestunde für Verständnis für beide Seiten im Ukraine-Krieg plädiert - explizit auch für die russische. Er kritisierte - mit Hinweis auf Militäraktivitäten der USA - "die Einseitigkeit" der Debatte sowie eine mangelnde Verurteilung der USA.

Auch die Sanktionen der EU-gegen Russland hält Kickl für falsch. Es gelte, aus der "Spirale der Eskalation herauszukommen" - und nicht mit Ölembargo oder Lieferung schwerer Waffen weiter daran zu drehen. Er befürchte, dass Russland damit eher auf die Idee kommen könnte, von seinen "Vernichtungswaffen" Gebrauch zu machen - und glaube nicht, dass die Ukraine den Krieg gewinnen könne. Zudem würden Öl- und Gasembargo die Wirtschaft Europas "um Jahrzehnte zurückkatapultieren".

Herbert Kickl (FPÖ) kritisiert EU-Sanktionen

Vielmehr forderte Kickl, "anzuerkennen, dass Friedenspolitik Realpolitik ist" - und zu versuchen, "eine Lösung zu finden, wo auch Russland einigermaßen gesichtswahrend aus diesem Konflikt herauskommt". Ein Ansatz wäre die Neutralität der Ukraine - und der Verzicht auf die Krim. Denn: "Glauben Sie wirklich, dass die Russen jemals auf die Krim verzichten werden?"

Ein Naheverhältnis der FPÖ zu Russland und Wladimir Putin gibt es laut Kickl aber nicht: "Ich stehe hier nicht auf der Seite Russlands, das weise ich entschieden zurück", sagte Kickl - und beantwortete mit knappen "Nein" die Frage, ob die FPÖ jemals Geld aus Russland bekommen habe. Den "Freundschaftsvertrag" mit Putins Partei "Einiges Russland" erklärte er als Absichtserklärung ohne Rechtsfolgen, eigentlich nur "ein totes Stück Papier".

In Sachen Teuerung fordete Kickl rasches Handeln der Regierung. Der von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) vorgebrachten Idee, Krisengewinne von überproportional profitierenden Firmen steuerlich abzuschöpfen, kann er durchaus etwas abgewinnen - wobei eine solche Sondersteuer aus seiner Sicht aber für alle und nicht nur für Unternehmen mit Staatsbeteiligung gelten müsste.

Kickl bekräftigte auch die Forderung, Steuern in lebensnotwendigen Bereichen zu streichen und das mit den hohen Mehrwertsteuereinnahmen gewonnene restliche Geld für Einmalzahlungen zu verwerden.

Sehr klare Worte fand der FPÖ-Chef zum Jahrestag der Kapitulation Nazi-Deutschlands und des Endes des Zweiten Weltkriegs: "Natürlich" sei das ein Freudentag, sagte Kickl. Der 8. Mai habe die Befreiung von einem "Albdruck" gebracht, das Ende millionenfachen sinnlosen Sterbens - und "auch eines verbrecherischen Regimes, das industrialisierte Massenvernichtung" betrieben habe. An der Gedenkveranstaltung nahm er dennoch nicht teil - weil er den Muttertag mit seiner Mutter verbringen wolle. Und: "Es ändert nichts ob ich dabeisitze oder nicht dabeisitze."

Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus am 8. Mai

NS-verharmlosende Vorkommnisse bei den Corona-Demos (Tragen von Judensternen, Parolen wie "Impfen macht frei") wollte Kickl nicht verurteilen. Er meinte, man müsse "mit diesen Leuten selber reden, was ihre Motivlage ist". Vorwürfe der NS-Verharmlosung gegen ihn nannte er "absoluten Blödsinn".

Dass es parteiinterne Kritik oder Widerstände gegen seine Linie in Sachen Russland oder Corona gibt, bestritt Kickl. Er sei gerade auf Bundesländer-Tour und habe da feststellen können: "Die Partei ist geschlossen wie ein Mann."

Dass die Freiheitlichen bei der Bundespräsidentenwahl ein "attraktives Gegenangebot" gegen Amtsinhalber Alexander Van der Bellen machen müssten, sieht Kickl als "patriotische Pflicht". Wer für die blauen ins Rennen gehen werde, sagte er aber nicht. 

Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl

Beendet ist laut Kickl die Überarbeitung der als Reaktion auf die Ibiza- und die Spesen-Affäre - ursprünglich schon für Ende 2020 - angekündigten Compliance-Regeln. Die Arbeitsgruppe unter Federführung Haimbuchners habe ihre Tätigkeit vor einigen Wochen beendet, jetzt werde noch der "politische Feinschilff vorgenommen".

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