Überrascht hat ihn an der Rede gar nichts. Russland-Experte Gerhard Mangott hat all die Spekulationen über eine mögliche Kriegserklärung, Generalmobilmachung oder andere Szenarien nicht geteilt - und sieht sich in der Rede des russischen Präsidenten zum "Tag des Sieges" auf dem Roten Platz bestätigt: "Putin hält einfach an seinem Narrativ fest, dass er von Beginn des Angriffs auf die Ukraine an formuliert hat: Das ist eine Verteidigung gegen eine existenzielle Bedrohung für Russland, die von einer Ukraine ausgeht, die nichts als eine Marionette des Westens ist."
Putin habe betont, dass es sich um eine "präemptive" Operation gehandelt habe, um eben die vom Westen vorbereitete Invasion Russlands und der Krim rechtzeitig zu verhindern. Putin habe also den "Tag des Sieges" dazu benützt, um erneut die Parallele zwischen dem Abwehrkampf der UdSSR gegen die Wehrmacht und der heutigen Situation zu ziehen.
Tag des Sieges: Putin vs. Selenskij
Putin: "Einzig richtige Entscheidung"
In der Rede vor den Veteranen des Weltkriegs warf Wladimir Putin dem Westen vor, eine Invasion Russlands und der Krim vorbereitet zu haben. Die NATO habe Bedrohungen an den Grenzen Russlands aufgebaut: "Der Westen wollte nicht auf Russland hören - sie hatten andere Pläne." Der militärische Sondereinsatz sei eine notwendige und rechtzeitige Maßnahme: "Der Westen bereitet die Invasion unseres Landes, einschließlich der Krim vor. Feinde Russlands nutzen Terroristen, um Russland zu schaden." Der "Sondereinsatz" in der Ukraine, so Putin sei eine "präventive Maßnahme" gewesen und "die einzig richtige Entscheidung".
"Musste keinen Erfolg verkünden"
Anders als von vielen Experten erwartet hat Putin weder offiziell den Krieg erklärt, noch eine allgemeine Mobilmachung angekündigt. In Mangotts Beurteilung musste er das auch nicht: "Putin musste keinen Erfolg verkünden. Hätte er jetzt den Krieg erklärt, wäre das ein Eingeständnis des Misserfolgs der sogenannten "Spezialoperation" in der Ukraine." Auch militärisch wäre eine Mobilmachung vorerst unbedeutend. Bis all die neu ausgehobenen Rekruten tatsächlich an die Front geschickt werden könnten, würden Monate vergehen.
Fortsetzung der Operation
Russland werde also die Operation im Donbass, im Osten der Ukraine fortsetzen. Etwa 80 Prozent der beiden Provinzen Donezk und Luhansk sind laut Militärexperten inzwischen unter russischer Kontrolle. Sie einzunehmen ist ja das kurzfristige Ziel des Krieges. Putin habe, so Mangott, auch bei der Rede grundsätzlich von der Operation im Donbass gesprochen. Es deute also alles auf eine Fortsetzung des derzeitigen Vorgehens hin. Die Spekulationen über eine große militärische Wende, oder neue Drohungen, etwa mit Atomwaffen, die, meint Mangott, "waren eben Spekulationen".
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