Putin muss einen Erfolg herbeibomben

Putin muss einen Erfolg herbeibomben
"Tag des Sieges": Bei der Militärparade auf dem Roten Platz will der Kremlherr seine neue Strategie verkünden. Seine Armee versucht mit aller Gewalt, zumindest kleine Erfolge zu erzwingen.

Sie hatten in einer Schule Schutz gesucht – und fanden dort unter den Trümmern den Tod. Mehr als 60 Menschen seien in der Ortschaft Bilohriwka bei einem russischen Luftangriff ums Leben gekommen, teilte der Gouverneur der Region Luhansk in der Ostukraine mit.

Es ist die Region, auf die sich in diesen Tagen die Angriffe der russischen Armee konzentrieren. Schlechte Planung, massive Gegenwehr der Ukraine und ungünstiges Wetter haben auch die Offensive im Osten stocken lassen. Nun versucht man mit massiven Luftangriffen und schwerer Artillerie, mit allen Mitteln einen Erfolg zu erzwingen. Tatsächlich hat der Angriff am Wochenende wieder Fahrt aufgenommen. So mussten sich die Ukrainer an einigen Abschnitten der Front zurückziehen, etwa aus Propasna. Mehr als Ruinen sind von der Kleinstadt ohnehin nicht übrig. Sie sei „bis auf die Grundmauern zerstört“, wie der Gouverneur mitteilte.

Gefechte auf See

Von ähnlich zentraler Bedeutung wie die Ostukraine ist für Putins Pläne die Kontrolle über Abschnitte der Schwarzmeer-Küste. Entsprechend heftig tobten am Wochenende auch hier die Kämpfe. Nach dem Desaster mit dem Flaggschiff Moskva und der Zerstörung weiterer Teile der Schwarzmeer-Flotte, versucht Russlands Marine zurückzuschlagen.

Die strategisch wichtige Schlangeninsel bei Odessa war Schauplatz schwerer Gefechte – und die russische Armee meldete Erfolge: Flugzeuge, Hubschrauber und ein ukrainisches Kriegsschiff seien zerstört worden.

Während der Wahrheitsgehalt solcher Erfolgsmeldungen wie immer schwer zu überprüfen ist, scheint die politische Absicht dahinter klar. Heute, Montag, nimmt Putin auf dem Roten Platz in Moskau die traditionelle Parade zum „Tag des Sieges“ ab.

Die Erinnerung an den Sieg über Nazi-Deutschland 1945 ist von ihm seit Jahren politisch instrumentalisiert worden. Die Feier des „heiligen Sieges“ dient als moralisches Gerüst für eine aggressive militaristische Außenpolitik – und damit auch für den Angriff auf die Ukraine.

Warten auf Putin-Rede

Doch von Sieg kann nach diesen verlustreichen Wochen für die russische Armee keine Rede sein. Was also wird Putin zum Thema seiner Rede machen? Darüber herrscht seit Wochen Rätselraten. Viele Experten rechnen mit einer offiziellen Erklärung des Krieges, der bisher nur „Sonderoperation“ heißen darf. Das würde eine Art Generalmobilmachung ermöglichen – und damit neue Soldaten für die Offensive.

Am Vorabend der Putin-Rede besuchte überraschend die amerikanische First Lady Jill Biden Kiew und traf die Ehefrau Präsident Wolodimir Selenskijs, Olena. Auch Kanadas Premier Justin Trudeau reiste am Sonntag in die Ukraine.

Scholz: Er gewinnt nicht

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz wandte sich Sonntagabend in einer TV-Ansprache an sein Volk: Putin werde den Krieg nicht gewinnen, sagte Scholz. „Nie wieder Krieg. Nie wieder Völkermord. Nie wieder Gewaltherrschaft“ – das sei die Lehre, die Deutschland aus der katastrophalen Geschichte zwischen 1933 und 1945 gezogen habe und aus der sich die historische Verantwortung ergebe, die Ukraine gegen den Aggressor Russland zu unterstützen, verteidigte Scholz die umstrittenen Waffenlieferungen an die Ukraine.

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