Studie: Ungarn und Polen verlassen die Gruppe der Demokratien

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"Manche versuchen nicht einmal, den Anschein zu wahren", heißt es bei der NGO "Freedom House" zur Veröffentlichung ihres neuen Berichts.

Es ist der schnellste Abstieg, den die Organisation jemals verzeichnet hat. Die NGO „Freedom House“ wurde 1941 gegründet, um Demokratieentwicklungen zu beobachten. Doch so rasant wie Ungarn stieg bisher kein einziges Land ab.

In ihrem neuen „Nations in Transit“-Bericht bezeichnet die US-Organisation Ungarn, Serbien und Montenegro nicht länger als „Demokratien“, sondern „Hybride Systeme“. Die demokratischen Standards seien dort im Rücklauf, so der Bericht.

Ungarn erhält dabei gesonderte Aufmerksamkeit, denn seine Regierung stellt einen traurigen Rekord auf: „Ungarns Abstieg ist der steilste, der jemals verzeichnet wurde“, besagt der Bericht. Das Land sei 2005 einer der demokratischen Spitzenreiter gewesen, 2020 aber als erstes überhaupt um zwei Kategorien abgestiegen.

Ungarn verließ die Gruppe der Demokratien mit wachsenden Mängeln beim Thema Wahlen, lokale Regierungen und Korruption, so der Bericht.

"Seit der Corona-Krise sind die Institutionen im Land nicht mehr als nur Fassade. Die Macht ist zentralisiert in den Händen von Viktor Orbán", sagte Zselyke Csaky vom Freedom House zur Plattform Balkan Investigative Reporting Network.

Auch Polen musste die Gruppe verlassen. Vor allem die Angriffe auf das Justizsystem führten zu dieser Analyse.

Die Organisation untersuchte 29 Staaten in der Region Mittel- und Osteuropa und teilt sie in fünf Kategorien ein: konsolidierte Demokratie, teil-konsolidierte Demokratie, Regime in Transition oder Hybride Systeme, teil-konsolidierte autoritäre Regime, konsolidierte autoritäre Regime.

"Nicht einmal den Anschein"

Von den 29 Staaten konnten nur 10 in die erste Kategorie eingeordnet werden. 10 werden vom Freedom House als Hybride bezeichnet, weitere 9 als autoritäre Regime. In den vergangenen zehn Jahren habe sich die Zahl der Hybride verdreifacht, so der Bericht. Angriffe auf demokratische Institutionen wie Justiz und Rechtsstaatlichkeit, Medien und Opposition hätten sich gehäuft. Verstärkt auch in Zeiten der Corona-Krise.

„Eine größer werdende Zahl an Staatschefs versucht nicht einmal mehr den Anschein zu wahren, nach den Regeln der Demokratie zu spielen“, heißt es bei der unabhängigen Organisation, die unter anderem von der US-Regierung finanziert wird.

Neben Ungarn fällt dabei auch der Westbalkan auf. Durch die Vorgehensweise der Präsidenten Aleksandar Vučić in Serbien und Milo Đukanović in Montenegro sind auch diese beiden Staaten eine Kategorie gefallen und werden nun vom Freedom House als Hybride und nicht länger als Regime in Transition bezeichnet – erstmals seit 2003.

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