Tänzen aus Solidarität: Viel Rückenwind für finnische Ministerpräsidentin nach Party-Videos

Finland's Prime Minister Marin delivers a press conference after the partying leaked video
Wieviel Party verträgt die Politik? Mehr also mancher Kommentator vermutet hätte, lauten die einhelligen Reaktionen auf die geleakten Tanz-Videos der finnischen Ministerpräsidentin.

Politisch kommentieren wollte man bei der Süddeutschen Zeitung das Party-Video der finnischen Ministerpräsidentin eigentlich gar nicht. Lieber veröffentlichte man eine Stilkritik zu den an die Öffentlichkeit gespielten Handyvideos, die Sanna Marin seit Donnerstag einen kleinen politischen Skandal in ihrem Heimatland beschert haben. Der Befund: "Keine Mehrwertsteuersenkung, keine Ruckrede und kein Neun-Euro-Ticket hat das Zeug dazu, das Ansehen einer politischen Person so beiläufig zu polieren wie die verwackelte Aufnahme einer Schrittfolge bei gleichzeitig erklingender Musik."

Ein Blick in die sozialen Medien bestätigt das Urteil. Statt Kritik und Häme ist dort vor allem viel - auch plakative - Solidarität mit der 36-jährigen Regierungschefin zu finden. 

So teilen Nutzerinnen auf Twitter inzwischen Tanzvideos, um ihrer Unterstützung Ausdruck zu verleihen.

Der liberale Politiker Guy Verhofstadt aus Belgien schrieb auf Twitter, Sanna Marin solle weiter tanzen, Putin bekämpfen und sich nicht von russischen Trollen und Rechtspopulisten unterkriegen lassen, die "unsere Demokratien zu Fall bringen" wollten.

Das öffentliche Urteil über Marins Video scheint also gesprochen.

Daran änderte auch ein weiteres Video nichts, das am Freitag durch die Medien geisterte und Marin – diesmal öffentlich – beim Tanzen mit dem finnischen Sänger Olavi Uusivitra in einem Club zeigte.

Marin macht Drogentest

Dennoch sah sich Marin am Freitag veranlasst, zu der Causa Stellung zu nehmen. Kritiker wollten im ersten Video das Wort "Kokain" im Hintergrund vernommen haben. Die 36-Jährige konterte die impliziten Drogenvorwürfe mit der Ankündigung, die Ergebnisse eines Drogentests veröffentlichen zu wollen. "Ich habe noch nie in meinem Leben Drogen genommen, nicht einmal als Teenager", sagte sie.

Schwerer wog ohnehin der Vorwurf, Marin hätte die Sicherheit ihres Landes vernachlässigt, hätte sie sich doch nicht vertreten lassen, als sie, offenbar alkoholisiert, feierte. Die Chefin der kleinen Oppositionspartei der Christdemokraten, Sari Essayah, meinte gar, es gebe Grund zur Sorge, dass das Verhalten Marins möglicherweise eine Bedrohung für die Sicherheit des Landes oder ihrer Person dargestellt habe.

Harter Kurs gegen Putin

Eine Frage, die bei alkoholisierten männlichen Politikern selten auftaucht, aber wohl auch auf die angespannte Lage in Finnland selbst zurückzuführen ist. Marin fährt einen harten Kurs gegen Russland, will das Land in die NATO führen, ab September soll Russen die Einreise nach Finnland erschwert werden.

Spekulationen, dass Russland etwas mit dem Auftauchen der privaten Handyvideos zu tun haben könnte, ließen dementsprechend nicht lange auf sich warten. Wie die Videos genau an die Öffentlichkeit gelangten, ist aber nach wie vor unklar. 

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