Neuer Reisetrend im Internet mit vielen Fallen für Urlauber
Familie D. aus Wien wollte sich nach der Lockdown-Zeit etwas Besonderes gönnen. Die vier Personen stöberten bei einer Restplatzbörse im Internet. Innerhalb kürzester Zeit schwankte der Gesamtpreis um über tausend Euro auf und ab. Bei rund 3.800 Euro schlugen sie zu und buchten. Bereits nach fünf Minuten bekam Familienvater Marco ein eMail, dass sich der Preis erhöht habe. Eine Stunde später kam ein weiteres Mail. Dann noch eins. Und nach 24 Stunden war der Preis bereits bei knapp 4.200 Euro. Ein Plus von ungefähr zehn Prozent.
Marco D. spricht von übelsten Methoden und Lockangeboten. Der Veranstalter LMX verweist hingegen in einer schriftlichen Stellungnahme darauf, dass dies eben „Dynamic Packaging ist, welches sich auf dem deutschen Reisemarkt mittlerweile sehr etabliert hat. Das sind hochkomplexe und hoch sensibilisierte Systeme, bei denen je nach Nachfrage bei den jeweiligen Leistungsträgern die Preise beliebig oft und in beliebigem Maße geändert werden können.“
Alles ist flexibel
Im Prinzip funktionieren diese sogenannten X-Reisen so: Ein Kunde möchte beispielsweise nach Mallorca. Für Pauschalreisen gibt es mitunter wenig flexible Flugdaten, da der jeweilige Veranstalter nur zum Beispiel am Dienstag und Donnerstag Charterflüge gebucht hat.
Beim dynamischen Reisen bietet das System hingegen alle Fluglinien mit vielen Zeitoptionen an, natürlich mit billigen Restplätzen. Dafür ist allerdings oft unklar, ob beispielsweise das Gepäck inkludiert ist. Auch Transfers zum Hotel müssen mitunter selbst organisiert werden. Vom Flug bis zum Hotel läuft im Hintergrund so etwas wie ein Börsenhandel ab, weshalb die Preise durchaus innerhalb eines Tages um ein Drittel schwanken können. Tagsüber ist es meist billiger als am Abend. Im Gegensatz zur Pauschalreise bekommen Interessenten einen tagesaktuellen Preis, dafür warten allerdings einige Fallen.
So können diese Restplätze nicht mehr so leicht zurückgegeben werden. Bei einer regulären Pauschalreise besitzt der Veranstalter Charterflugplätze, die er einfach anderen Kunden verkauft. Drei Restplätze Sonntag früh sind hingegen fast unverkäuflich. Dieses Risiko trägt beim dynamischen Reisen aber der Urlauber. Die Stornokosten sind mitunter horrend – bis zu 95 Prozent bereits ab dem Buchungstag. Deshalb raten Experten dringend, die Geschäftsbedingungen genau zu studieren, bevor man auf diese Schnäppchenjagd geht.
Auch die großen Veranstalter haben diese Buchungsform bereits im Programm, FTI bietet das als XFTI an, die TUI hat XTUI gegründet. Doch bei TUI scheint man selbst ein wenig skeptisch zu sein, sogar eine hauseigene Marketingaussendung trägt den wenig schmeichelhaften Titel Ein X für einen Urlaub vormachen.
TUI mit Fixpreis
Im Gegensatz zu manch anderem Anbieter, informiert der große Veranstalter seine Kunden über mögliche Nachteile. Mitunter hat man beim Lesen der Informationstexte sogar das Gefühl, dem Kunden soll dies eher ausgeredet werden. In Österreich sei der Marktanteil aktuell im niedrigen einstelligen Prozentbereich, heißt es gegenüber dem KURIER. Prinzipiell gelte ein Preis bei TUI aber wenn er gebucht wird. Erlebnisse wie bei Familie D. seien nicht möglich.
VKI-Konsumentenschützerin Elisabeth Barth meint, dass das Vorgehen des Veranstalters LMX zwar „nicht besonders konsumentenfreundlich“, aber rechtlich korrekt ist. Die Buchung sei noch nicht abgeschlossen, LMX habe „den Vertrag quasi kostenmäßig verhandelt“. Prinzipiell könne es nach Vertragsabschluss in einem gewissen Umfang zu Preiserhöhungen kommen. „Sie sind sogar bis 20 Tage vor Reisebeginn erlaubt, wenn die Möglichkeit im Vertrag vorgesehen ist, sich die Preisänderung aus der Änderung bestimmter Kosten ergibt wie für Treibstoff oder Steuern und auch Preissenkungen möglich sind“, sagt Elisabeth Barth. Allerdings könne man in solchen Fällen von der Reise zurücktreten.
Die Familie D. hat davon Gebrauch gemacht. Statt mit dem Jet nach Zypern geht es mit dem Auto nach Kroatien. Das wäre für die Umwelt besser und man erspare sich Verhandlungen über Reisekosten, meint Vater Marco.
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