Malis Junta-Chef, Oberst Assimi Goïta, lässt durchklingen, dass der Kampf gegen den Terror – allein 2020 starben 7.000 Menschen bei islamistischen Terroranschlägen – am besten mit Russland zu bestreiten sei. „Frankreich will nur den Status quo beibehalten und so die Region kontrollieren“, sagten seine Anhänger. Für Bamako ist die Annäherung an Russland naheliegend. Seit der Unabhängigkeit von Frankreich entstanden enge Beziehungen zur Sowjetunion.
Der russische Botschafter gehörte in Bamako zu den ersten ausländischen Diplomaten, die von der Junta empfangen wurden. Zwei der Mitstreiter Goïtas waren kurz vor dem Pusch auf Militärtraining in Russland. Mali ist nicht das erste afrikanische Land, das in jüngerer Vergangenheit um die Hilfe Moskaus ansuchte: 2017 bat der sudanesische Diktator Omar al-Baschir um Hilfe – und erhielt sie. Auch nach seinem Sturz waren und sind russische Söldner im Sudan engagiert, sollen laut französischen Medien an der Unterdrückung regierungsfeindlicher Demonstranten beteiligt sein.
In der Zentralafrikanischen Republik ließen „Wagner“-Söldner mit Gräueltaten aufhorchen, werden aber von der Regierung geehrt. Und auch Burkina Faso – so die europäische Sorge – könnte es Mali bald gleichtun: Der neue Machthaber, Paul-Henri Sandaogo Damiba, soll vor dem Putsch mindestens zweimal versucht haben, den Präsidenten von einem Engagement der „Wagner“-Gruppe zu überzeugen. Nach wie vor sind Russlands wichtigste Partner in Afrika Algerien, Ägypten und Südafrika – auch wirtschaftlich verbindet das Land und den Kontinent nicht viel: Nur ein Prozent der Auslandsinvestitionen in Afrika kommt aus Russland.
Doch mit den Einsätzen von „Hard Power“ wie Söldnern oder Waffenlieferungen schafft es Wladimir Putin, in einigen afrikanischen Ländern mehr und mehr als „Macher“ zu gelten. Als einer, der – im Gegensatz zur EU – auf Menschenrechte nicht viel gibt und Konflikte rasch und militärisch lösen lassen würde. Eine Denkweise, die europäische Missionen derzeit vor Probleme stellt. In Afrika dürften die Kämpfer der Wagner-Gruppe das eine oder andere Mal Kollegen im Dienste der USA, Frankreichs oder Großbritanniens begegnen. 21 private Militärdienstleister arbeiten etwa für
AFRICOM, das US-Kommando für Afrika. Und das nur in Nordafrika und in der Sahelzone. Dass solche Praktiken keine Neuheit sind, zeigt etwa die Geschichte Roger Faulques’, eines französischen Offiziers, der im Kongo als Kommandant einer Söldnerarmee gegen die Blauhelme der Vereinten Nationen kämpfte. Später bildete er mit britischem Auftrag jemenitische Rebellen aus, dann – auf Wunsch Frankreichs – nigerianische Separatisten. Kurzum: Die Beschäftigung und Entsendung sogenannter Sicherheitsfirmen in Krisengebiete nationalen Interesses ist weder im Westen noch im Osten etwas Neues.
Berichte über Kriegsverbrechen regulärer Soldaten schockieren die Öffentlichkeit mehr, als wenn etwa Massaker des Unternehmens Blackwater im Irak ans Tageslicht kommen. Der Staat zieht sich so meist aus der Verantwortung. Als Blackwater-Söldner 2007 vierzehn irakische Zivilisten erschossen, plädierte das Unternehmen auf „Selbstverteidigung“. Dennoch verurteilte ein US-Gericht vier Schützen zu 30 Jahren Haft, verdonnerte Blackwater zu Millionenzahlungen. Es ist kein Wunder, dass sich die Firma umbenannt hat. Dieser Vorfall war jedoch eine Ausnahme. Söldner fallen nicht unter das Kriegsrecht, können für ihre Vergehen nur von einem zivilen Gericht ihres Heimatlandes belangt werden. Und das geschieht sehr selten, da es selten Kläger gibt.
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