Sloweniens Premier Janša droht Niederlage bei der Wahl
Als "Wendepunkt" bezeichnet der Soziologe Gorazd Kovačič von der Philosophischen Fakultät in Ljubljana die Parlamentswahl am Sonntag im Nachbarland: "Bei dieser Wahl wird sich entscheiden, ob wir in Slowenien weiterhin eine Demokratie haben werden oder nicht."
1,7 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, sich zwischen der Fortsetzung des als autoritär kritisierten Kurses von Ministerpräsident Janez Janša und der von linken und liberalen Parteien versprochenen "Normalisierung des Landes" zu entscheiden. Umfragen sehen Janšas Mitte-Rechts-Regierung vor der Abwahl, als Favorit gilt der frühere Manager Robert Golob der liberalen "Freiheitsbewegung" Gibanje Svoboda. Doch es dürfte eng werden: Golob liegt aktuell bei 26,3 Prozent, Janšas Demokratische Partei (SDS) bei 25,5.
Fast noch wichtiger für die notwendige Koalitionsbildung scheint aber der Kampf um die hinteren Plätze: 18 weitere Parteien und Listen kämpfen um die Vier-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament; zwei von drei Koalitionspartnern Janšas droht das Aus. Dafür könnte der Corona-Protestpartei Resnica (Wahrheit) der Einzug gelingen. Das größte Lager im neuen Parlament dürfte ein "Anti-Janša-Block" werden, ein Bündnis von liberalen und linken Parteien. Ob Golob dann Premier wird, ist aber noch nicht sicher.
30 Jahre in der Politik
National als auch international gilt Janša wegen seines autoritären Regierungsstils als umstritten; Kritiker werfen ihm vor, einen Staatsumbau nach Vorbild Viktor Orbáns voranzutreiben: In den vergangenen Jahren stand er wegen Angriffen gegen die Justiz, die politische Übernahme der Polizei, Angriffe auf Journalisten und Kritik an Nichtregierungsorganisationen unter Druck.
Seit Kriegsausbruch ist Janša um Distanz zu Orbán bemüht, besuchte als einer der ersten mit den Regierungschefs von Polen und Tschechien den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij in Kiew. Kritik gibt es auch am Krisenmanagement in der Corona-Pandemie: Der Regierung werden Unterdrückung, Korruption und Maßnahmen, die sich im Nachhinein als verfassungswidrig herausstellten, vorgehalten. 6.560 Corona-Tote zählte man im Zwei-Millionen-Land.
Janša, seit 1993 SDS-Vorsitzender, war bereits zweimal Premier (2004 bis 2008 und 2012 bis 2013). Es wäre seine vierte Amtszeit.
Im Herbst sind Präsidentschaftswahlen. Sollte Janša verlieren, ist es möglich, dass er dann als Präsident zurückkehrt.
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