Sechs Karten zeigen, wie groß Chinas Einfluss in Afrika ist
Der Peking-Besuch des kongolesischen Präsidenten unterstreicht Chinas Sonderstellung in Afrika. Das Reich der Mitte hat sich etliche Rohstoffvorkommen gesichert, viele Länder sind abhängig. Der Westen hat viel aufzuholen.
Mit dem Ministerpräsidenten Michail Mischustin war am Mittwoch der ranghöchste Russe in China zu Gast, seit die russische Armee vor bald eineinhalb Jahren die Ukraine überfiel. Er traf auf Chinas Nummer Zwei, Li Qiang, und betonte erneut das „beispiellos hohe Niveau“ der russisch-chinesischen Beziehungen, dann setzten beide ihre Unterschrift unter neuerliche Verträge über den Handel mit Weizen, Öl und Gas.
Chinas Machthaber Xi Jinping nahm sich im Verlauf des Tages nur kurz Zeit für Mischustin, den Inhalt der Verträge hatte er im März persönlich mit Wladimir Putin in Moskau ausgehandelt. Zudem erwartete er am Abend einen Gast in Peking, mit dem aktuell wirtschaftlich relevantere Gespräche auf dem Plan standen.
Felix Tshisekedi, Präsident der Demokratischen Republik Kongo, soll mit militärischen Ehren empfangen und vier Tage lang hofiert werden. Sein Land besitzt die weltgrößten Kobaltvorkommen – ein Metall, das für die Produktion von Batterien benötigt wird. Der Großteil der Kobaltminen im Kongo ist heute bereits im Besitz chinesischer Firmen.
Über ein Investitionspaket in Höhe von 5,5 Milliarden Euro, auf das sich China und der Kongo vor Monaten geeinigt haben, sollen es noch mehr werden. Doch Tshisekedi sieht sein Land durch den von seinem Vorgänger ausgehandelten Deal benachteiligt, er kommt nach Peking, um nachzuverhandeln.
Von langer Hand geplant
Der Vertrag ist typisch dafür, wie das Reich der Mitte in Afrika seit 2013 Geschäfte macht. Staatsnahe chinesische Konzerne bauen in rohstoffreichen Ländern dringend benötigte Infrastrukturprojekte – Straßen, Brücken, Häfen, Staudämme – und erhalten im Gegenzug Schürfrechte oder zugesicherte Exportmengen. Finanziert werden die Bauprojekte meist über Kredite chinesischer Banken, betrieben werden sie von chinesischen Arbeitern.
Eine im März veröffentlichte Studie der US-Denkfabrik Atlantic Council listet zwischen 2006 und 2020 mehr als 600 chinesische Investitionen im Wert von mindestens 280 Milliarden Euro auf. Mit dem Ergebnis, dass das Handelsvolumen Chinas mit allen afrikanischen Staaten südlich der Sahara heute fast zwanzig Mal so hoch ist wie Anfang der 2000er-Jahre. Mehr als ein Viertel aller Exporte dieser Länder gehen heute an die Volksrepublik.
Europa und die USA wurden damit nicht nur als wichtigste Wirtschaftspartner der Region überflügelt, afrikanische Staaten treiben heute sogar weniger Handel mit dem Westen als noch vor zwanzig Jahren. Gleichzeitig machen sie sich in höchstem Maße von China abhängig: Kann ein Land seine Schulden nicht zurückzahlen, erlässt Peking schon einmal einen Teil davon, verlangt dafür aber neue Zugeständnisse. Und festigt somit seine Kontrolle über den Kontinent.
Streitpunkt mit Russland
Daneben bleibt die stärkste Kraft in Afrika Russland, das mit Waffenexporten und der Präsenz seiner Söldnertruppen großen Einfluss ausübt. Aus chinesischer Sicht tragen diese Machenschaften aber zur Destabilisierung der Region bei. Es ist der einzige geopolitische Reibungspunkt zwischen China und Russland.
So soll Xi im März bei seinem Besuch in Moskau seinen „alten Freund“ Putin wegen eines Zusammenstoßes zwischen Wagner-Söldnern und chinesischen Arbeitern in der Zentralafrikanischen Republik zurechtgewiesen haben.
Im Vergleich zu Russland ist Chinas militärische Präsenz in Afrika gering, doch im Kleinstaat Dschibuti betreibt die Volksrepublik mit knapp 2.000 Soldaten ihre größte Militärbasis im Ausland. Drei weitere militärische Stellungen auf dem Kontinent sind bereits in Planung, sie sollen die chinesische Infrastruktur langfristig schützen.
Europa und die USA haben spät reagiert
Im Westen hat man das Problem inzwischen erkannt. Die EU veranstaltete vor einem Jahr einen gemeinsamen Gipfel mit der Afrikanischen Union und kündigte Investitionen in Höhe von 150 Milliarden Euro an.
US-Präsident Joe Biden versprach im Dezember immerhin 50 Milliarden. Doch das Geld aus Europa und den USA braucht im Vergleich zu jenem aus China länger, bis es in Afrika ankommt. Das macht es nicht leichter, den enormen Vorsprung Chinas aufzuholen.
Die USA sind nach wie vor führend, wenn es um Ernährungs- und Entwicklungshilfe in Afrika geht. Doch wirklichen Einfluss übten sie nur dort aus, wo es Terrorgruppen zu bekämpfen gab. Der letzte Besuch eines US-Präsidenten südlich der Sahara ist acht Jahre her, als Barack Obama vier Tage lang durch Kenia und Äthiopien reiste.
Genau so lange, wie der Präsident des Kongo nun in China weilt. Dieser Unterschied im Umgang mit Afrika schlägt sich letztlich auch in den Beziehungen nieder. Dem Großteil der Afrikaner ist es egal, woher das Geld für die Brücke oder Straße kommt, solange sie endlich gebaut wird. Das gilt auch für jene, die an der Macht stehen. Somit wäre es kein Wunder, wenn Tshisekedi seine Rückreise mit gleich mehreren Abkommen im Gepäck antreten würde.
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