Kurz tritt als ehemaliger "World leader" bei Orbáns Thinktank auf
"Aufgeschlossene, junge Menschen mit einer patriotischen Einstellung und einem realistischen Blick auf die Welt" auszubilden – das sei die "Vision" des Mathias-Corvinus-Collegiums (MCC), einem ungarischen Thinktank mit Sitz in Budapest. Das MCC ist nicht irgendeine Institution: Es gilt als die akademische Kaderschmiede des nationalkonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Vorstandsvorsitzender ist Balász Orbán, nicht mit dem Ministerpräsidenten verwandt, aber so etwas wie sein Politischer Direktor. Die Stiftung hinter dem Thinktank soll mit mehr Geld (zwischen 1,4 und 1,7 Milliarden Euro) ausgestattet sein als alle anderen 27 Hochschulen im Land zusammen.
"Hier am Mathias Corvinus Collegium wird der Orbánismus gepflegt, weiterentwickelt, und von hier aus wird er erfolgreich exportiert", kommentierte unlängst die deutsche Zeit. Auf der Liste der Gastvortragenden stehen Namen wie der Psychologe und Bestsellerautor Jordan Peterson, Fox-News-Moderator Tucker Carlson, der Ökonom Jeffrey Sachs und Yair Netanyahu, von Beruf Sohn des israelischen Premierministers – politisch alle im konservativen bis rechts-libertären Eck angesiedelt, und nicht selten auch umstrittene Positionen vertretend.
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Einmal im Jahr, heuer von 27. bis 29 Juli, hält das MCC in der Stadt Esztergom (nördlich von Budapest) eine Art Sommerkonferenz für junge Leute ab, mit Panels, Gesprächsrunden und Freizeitbeschäftigungen wie Brotbackkursen tagsüber und (ungarischer) Live-Musik am Abend. Und glaubt man der Ankündigung, wird diesmal Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz als Gesprächspartner auf der Bühne sitzen und über "Die Welt 2023: Das Unerwartete erwarten" sprechen.
Ehemaliger "World leader"
Seit seinem Rücktritt als Kanzler und ÖVP-Chef im Oktober bzw. Dezember 2021 tritt Kurz in Österreich kaum mehr öffentlichkeitswirksam auf, und ist als Berater und Investor international tätig. Im Programm wird er als ehemaliger "World leader" beworben, der "wertvolle Einblicke in den Entscheidungsprozess und die Strategien" geben wird, "die Staatsoberhäupter anwenden, um sich in einem komplexen und potenziell gefährlichen Umfeld zurechtzufinden".
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Eigenen Angaben zufolge haben 32.000 Besucher die Veranstaltung im Vorjahr besucht. Neben Kurz zieht vor allem der Auftritt von Michael Knowles Aufmerksamkeit auf sich: Der konservative US-Kommentator hatte die Klimaaktivistin Greta Thunberg auf Fox News einst als "geisteskrank" bezeichnet und hetzt öffentlich gegen die Rechte von Transmenschen.
Mittlerweile ist das MCC auch im Ausland stark vertreten, seit Mai ist es mit 90 Prozent Mehrheitseigentümer der privaten Wiener Modul University am Kahlenberg. Die übrigen zehn Prozent hält die Wiener Wirtschaftskammer.
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