Russland-Affäre: Mueller hat nicht umsonst ermittelt

Russland-Affäre: Mueller hat nicht umsonst ermittelt
Mit Roger Stone dürfte eine weitere Schlüsselfigur von Trumps ehemaligem Wahlkampf-Team die kommenden Jahre im Gefängnis verbringen.

Roger Stone (67) ist ein Mann, der den „Wert von Falschinformationen“ kennt – und ihn schätzt. Einer, der lachen muss, wenn seine Ehefrau über ihn sagt, er habe sie beim Kennenlernen an einen „Nazi“ erinnert. Einer, der als Politikerberater eigene Regeln aufgestellt hat – die Stone-Regeln – und Politikern etwa rät: „Attackiere. Attackiere. Attackiere. Verteidige dich nie.“ Roger Stone ist ein selbst ernannter „Agent Provocateur“: Er provoziert gerne Personen, gesetzeswidrige Handlungen zu tätigen.

Eine Reihe an republikanischen Präsidentschaftskandidaten griffen im Lauf der vergangenen fünf Jahrzehnte auf Stones Methoden zurück. 1969 beriet Stone als 17-Jähriger im Wahlkampf Richard Nixon, 1976 Ronald Reagan. Nixon schätzt Stone besonders, weshalb er, dessen Antlitz als Tattoo unter seinem Hals verewigen ließ.

In der 2017 erschienen Netflix-Doku „Get me Roger Stone“ fasst der umstrittene Stratege sein Wirken zusammen: „Politik ist Showbusiness für hässliche Menschen. Ich bin ein Jockey auf der Suche nach dem Siegerross, und Donald Trump ist erstklassiges politisches Pferdefleisch.“

Gefängnis ante portas

Stone hatte 2015 im Wahlkampf auch für Trump gearbeitet. Er blieb ihm als Vertrauter und informeller Berater erhalten. Dabei schlüpfte er wieder in die Rolle des Agent Provocateurs – diesmal mit juristischem Nachspiel. 2016 forderte er via Twitter die Enthüllungsplattform WikiLeaks dazu auf, belastendes Material über Hillary Clinton zu veröffentlichen.

Stone bestreitet bis heute, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits Kontakt zu WikiLeaks-Gründer Julian Assange hatte. Das würde bedeuten, dass er im März 2016 wusste, was WikiLeaks veröffentlichen würde: 30.000 eMails von Clinton, wohl gestohlen von russischen Hackern. Das Dumme daran: Ein Vertrauter sagte gegen Stone aus, und am 15. November 2019 befand ein Geschworenengericht den Politik-Berater für schuldig.

Falschaussagen unter Eid, Behinderung von Ermittlungen und Beeinflussung von Zeugen: All das wirft die Staatsanwaltschaft Stone vor und fordert jetzt sieben bis neun Jahre Haft für den Trump-Vertrauten.

Sechs schuldige Trump-Vertraute

Wird Stone verurteilt – wovon auszugehen ist – ist es ein weiterer kleiner Sieg für Sonderermittler Robert Mueller. Zwar konnte er nach seinen zwei Jahre andauernden Ermittlungen zur sogenannten Russland-Affäre keinen Beleg für eine Absprache zwischen dem Kampagnen-Team von Trump und Russland finden. Die Verbindung zwischen Stone und WikiLeaks dürfte jedoch verbrieft sein.

Damit ist Stone der sechste Vertraute Trumps, der infolge von Muellers Untersuchungen wegen Fehlverhaltens für schuldig befunden wurde. Er steht auf einer Liste mit Paul Manafort, der wegen Betrugs bereits inhaftiert wurde und 2016 einige Monate als Trumps Wahlkampfleiter agierte. Dazu gesellen sich Manaforts damaliger Stellvertreter Rick Gates, Trumps ehemaliger Sicherheitsberater Michael Flynn, Trumps ehemaliger Anwalt Michael Cohen und George Papadopoulos – ehemals außenpolitischer Berater Trumps, nunmehr Häftling.

Verschwörungstheorien

Stone kann noch darauf hoffen, dass Präsident Trump von seinem Begnadigungsrecht Gebrauch macht und dem Freund das Gefängnis erspart. Aber ob das im Wahlkampfjahr ein strategisch kluger Schachzug wäre? Einem Vertrauten das Gefängnis ersparen?

Noch im Februar wird die Staatsanwaltschaft über das Strafmaß entscheiden. Trump witterte bereits im November eine große Verschwörung. Mit Verschwörungen dürfte sich Stone auch selbst gut auskennen. In einem Buch, das unter seiner Mitwirkung entstand, verbreitet er wirre Thesen zur Ermordung von John F. Kennedy, in einem zweiten – das zufällig 2015 erschien – warf er dem Ehepaar Clinton unter anderem Gewaltverbrechen gegen Frauen und Einschüchterung von Zeugen vor. Das Buch ist dem verstorbenen Holocaustleugner und Antisemiten Victor Thorn gewidmet.

Robert Mueller:
Von Mai 2017 bis März 2019 untersuchte der Sonderermittler mögliche illegale Absprachen zwischen Donald Trumps Wahlkampfteam und Russland. Er fand Indizien, aber keine Belege. 
So viele Seiten umfasst der „Mueller-Report“: 488.

Die Folgen:
Gegen 38 Personen und drei Firmen wurde  wegen der Affäre Anklage erhoben.

Troll-Fabrik:
Drei Unternehmen und zwölf russische Staatsbürger wurden infolge des Berichts angeklagt. Sie sollen für die St. Petersburger „Troll-Fabrik“ gearbeitet haben und dafür zuständig gewesen sein, Fake News zu verbreiten.

Sechs Vertraute:
Trumps frühere Berater sind ins Visier der Justiz geraten. Paul Manafort, George Papadopoulos  fassten  mehrjährige Haftstrafen aus. Dem verurteilten Roger Stone drohen viele Jahre im Gefängnis, nämlich neun.

WikiLeaks
Zumindest zu Julian Assange hatte Stone nachweislich Kontakt – sein Verhängnis.

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