Doch Wälder sind auch ein riesiger Speicher für Kohlendioxid, und damit eines der wirksamsten Werkzeuge im Kampf gegen den Klimawandel. Die EU-Entwaldungsverordnung soll deshalb Wälder beschützen, nicht nur in Europa, sondern weltweit. Ob Kaffee, oder Holzpellets für die Heizung: Kein Produkt soll mehr auf den EU-Markt kommen, für das alte Wälder unter die Säge gekommen sind. Zu viel Bürokratie, zu viel Belastung für die Forstbesitzer: Mit diesen Argumenten hat etwa Österreich das Gesetz auf die lange Bank geschoben.
Doch wie dringend nötig Europa dieses Gesetz hat, das wird einem in den rumänischen Karpaten klar. Der Raubbau an den größten Urwäldern Europas geht weiter, vorbei an geltenden europäischen Naturschutzrichtlinien.
Ein Blick auf die offiziellen Zahlen zeigt, wie viel von Rumäniens Holz illegal, oder unkontrolliert geschlägert wird. Allein das Holz, das in Rumäniens Haushalten zum Heizen verfeuert wird, macht fast die gesamte offizielle Produktion aus. Tatsächlich aber, so der Befund internationaler Experten, wird das Doppelte geschlägert.
Und das auch in uralten Wäldern wie jenen im Făgăraș-Gebirge. Hier gibt es zwar inzwischen Abschnitte, die als Urwälder offiziell ausgewiesen sind. Sie sind damit für den Menschen unberührbares Naturerbe. Doch diese Flächen sind klein, zerstückelt, „ein Fleckerlteppich“, wie ein rumänischer Umweltaktivist die Lage schildert. Direkt an der Grenze zu geschützten Abschnitten wird großflächig eingeschlagen, oft gegen jede forstwirtschaftliche Vernunft. Der Hang über dem Wanderweg ist so steil, dass ihn die Erosion beim nächsten großen Regen ins Tal spülen wird, jetzt, wo die alten Bäume weg sind. Bulldozer haben den Wanderweg in eine Schlammstraße verwandelt, die samt den Baumresten in den Wildbach darunter abrutscht.
Die Borkenkäfer-Ausrede
Wie weit diese Zerstörung gehen kann, zeigt der Blick hinauf über die Kuppen des Fargaras, auf denen sich die Kahlschläge breitmachen: Gras und Büsche, oft von der Sonne dieses Dürresommers braun gefärbt. Der natürliche Fichtenwald, der dort Jahrhunderte gestanden ist wird wahrscheinlich nie wieder zurückkehren. Bei der zuständigen Behörde ist dann ein Befall mit Borkenkäfer als Grund für die Schlägerung eingetragen. Auf ein paar Dutzend Hektar zusätzlich, aus gesunden Wäldern kommt es dann in Rumänien oft nicht an.
Internationale Firmen
Abnehmer für Holz aus Rumänien gibt es mehr als genug – und dass dabei oft der Naturschutz oft grob missachtet wird, belegen viele Skandale aus den vergangenen Jahren. Große Holzfirmen , auch aus Österreich und Deutschland sind durch die Berichte von rumänischen, aber auch internationalen Umweltorganisationen massiv belastet worden. Neue, strenge Umweltschutz-Regeln wurden eingeführt. Dass sie immer noch viel zu oft umgangen werden, dafür findet man überall hier in den Făgăraș-Bergen erschreckende Beweise.
Inzwischen aber sind auch Wissenschaftler aus ganz Europa hier unterwegs, um dieses Naturerbe zu dokumentieren, zu erforschen und zu beschützen. Die Agraruniversität in Prag, oder die Forsthochschule im deutschen Rottenburg schicken regelmäßig ihre Forscherteams in diese uralten Wälder. Durch ihre Arbeit weiß man heute, dass viele der Buchen hier viele Jahrhunderte alt sind und dass in dem Totholz am Boden, das auf den Kahlschlägen einfach abgeräumt wurde, Vögel und Käfer leben, die anderswo längst ausgestorben sind. Sieben Millionen Hektar Wald gibt es in Rumänien, gerade einmal sieben Prozent wollen Forscher und Umweltschützer vor dem Abholzen retten. Es geht um Jahrhunderte alte, oft völlig unberührte Natur, denn die, warnt auf Waldexperte Schickhofer, „kommt nie wieder zurück“.
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