Kahlschlag in Rumäniens Urwäldern

Kahlschlag in Rumäniens Urwäldern
Nationalparks in Gefahr. Der österreichische EU-Parlamentarier Thomas Waitz recherchierte die Schäden vor Ort.

Nein, Thomas Waitz braucht keine Hilfe, um das Alter des riesigen Buchenstammes zu erfassen, der in Stücken auf der Forststraße liegt. Der steirische EU-Parlamentarier ist selbst Bauer und Waldbesitzer und überrascht das Team des Nationalparks Domogled nicht nur mit Fachwissen, sondern auch mit unangenehmen Fragen: „Können Sie mir sagen, warum man einen 350 Jahre alten Baum umschneidet – in einem Nationalpark?“ Die Rumänen liefern Erklärungen, Ausreden, seltsames Fachvokabular wie „schützendes Baumfällen“. Waitz hört zu, fragt und zieht eine ebenso nüchterne wie auch erschreckende Bilanz: „Was hier gemacht wird, ist durchaus vernünftige Forstwirtschaft. Nur mit einem Nationalpark hat das nichts zu tun.“

Kahlschlag in Rumäniens Urwäldern

EU-Abgeordneter Thomas Waitz im Nationalpark

 

Domogled ist nur einer dieser Nationalparks in Rumänien, in dem Kettensäge und Caterpillar das Sagen haben. Zumindest in den sogenannten Pufferzonen, rund um die geschützten Kernbereiche. Doch diese Pufferzonen sind – anders als etwa in Österreichs Nationalparks – nicht nur an den Außengrenzen, sondern umfassen mehr als die Hälfte des Areals. Und in diesen Pufferzonen hat die rumänische Umweltschutzorganisation „Agent Green“ Holzschlägerungen aufgespürt, die mit Naturschutz wenig zu tun haben.

Internationale Konzerne im Spiel

Die Zerstörungen haben auch eine europäische Dimension. Das Land hat in den Karpaten die größten noch erhaltenen Urwälder in der EU, Wälder also, in denen nie großflächig geschlägert wurde.

Ein einzigartiges Naturerbe, das unaufhaltsam schwindet, tatsächlich geschützt sind nur kleine Anteile. Unklare Besitzverhältnisse, aber auch grassierende Korruption in den staatlichen Behörden haben die rücksichtslosen Schlägerungen befördert.

Dazu kommen internationale Holzkonzerne, die sich in Rumänien auch bei illegal geschlägertem Holz gerne bedient haben. Der österreichische Holzverarbeiter Schweighofer kam vor einigen Jahren in die Schlagzeilen, als die Umweltschützer den Weg von Holz aus Urwäldern in seine Sägewerke in Rumänien aufdeckten. Heute ist man um möglichst lückendichte Kontrolle aller Holzlieferungen bemüht. Der EU-Parlamentarier Waitz wird im Werk ausführlichst über neue Kontrollverfahren informiert und zeigt sich – zumindest von den Bemühungen der Firma – angetan. Ganz anders etwa der benachbarte Pressspanplatten-Hersteller Kronospan. Dort wollte man den EU-Parlamentarier trotz mehrer Anläufe nicht sprechen.

Kahlschlag in Rumäniens Urwäldern

Zerstörungen im Nationalpark

 

Dass weiterhin Bäume aus Rumäniens Urwäldern in den Sägewerken der Konzerne verschwinden, steht für die Umweltschützer außer Zweifel. Nicht umsonst haben sie nicht nur im Domogled-Park neue Forstraßen in bisher unberührte Gebiete aufgespürt.

Waitz jedenfalls will in Brüssel den Druck auf die rumänische Regierung erhöhen: „Es muss endlich Anstrengungen geben, dieses Naturerbe besser zu beschützen.“ Zumindest deutlich ausgeweitet müssten die wirklich geschützten Kernzonen werden. Sollte das Schlägern in uralten Wäldern weitergehen, müsse es Konsequenzen geben, macht der Parlamentarier deutlich: „Dann muss der europäische Gerichtshof eingeschaltet werden.“

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