Rückkehr nach Syrien? „Das wäre Selbstmord“
"Kehre ich zurück, werde ich gefoltert. Solange Bashar al-Assad Syrien beherrscht, gibt es für mich keine Möglichkeit. Das wäre Selbstmord“, sagt Saad zum KURIER. Vor acht Jahren ist er aus Damaskus geflohen. Er habe Flugblätter der Rebellen verteilt, sei darum als Terrorist verfolgt worden. 8,8 Millionen Menschen haben Syrien seit Ausbruch des Bürgerkriegs verlassen, 119 sind seit 2019 freiwillig aus Österreich ausgereist, wobei dies nicht automatisch heißt, dass sie nach Syrien zurückgekehrt sind.
Zurück nach Rakka?
Gibran hingegen will eigentlich wieder zurück in seine Heimatstadt. Der 29 Jahre alte Syrer lebt seit fünf Jahren in einem Flüchtlingslager im Libanon, arbeitet für einen Hungerlohn für Bauern in der fruchtbaren Bekaa-Ebene. Assad habe sein Land verteidigt. Vor allem vor den Kämpfern der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS), die Gibran aus Rakka vertrieben hatten. Seit 2017 gilt die Stadt als befreit, wird von den kurdisch dominierten „Syrischen Demokratischen Kräften“ gehalten. Auch wenn deren Verhältnis zum Assad-Regime notgedrungen besser wird (siehe unten), ist man von einer Einigung noch weit entfernt.
„Solange Rakka nicht unter Assads Herrschaft ist, will ich nicht dorthin zurückkehren“, sagt Gibran daher zum KURIER. Wann das passieren wird, ist unklar. Ebenso, ob er dann tatsächlich einreisen darf. Denn obwohl Assad zumeist für eine Rückkehr syrischer Flüchtlinge wirbt – nicht immer bleibt er bei seiner Position.
„Alles Verräter“
Vergangenen November sollten 60.000 Syrer aus dem Libanon in die Provinz Homs zurückkehren. Einen großen Teil der Kosten hätten internationale Organisationen getragen, auch Russland hatte vermittelt. Knapp vor einem Ende der Verhandlungen hatte die Regierung in Damaskus alles platzen lassen: „Alles Verräter.“ Mit einem Gesetz zur Enteignung von Flüchtlingen hatte die Regierung einer stärkeren Rückkehr zusätzlich Steine in den Weg gelegt.
Auch aus dem syrischen Sicherheitsapparat klang es in den vergangenen Jahren ähnlich: Die „Krebszellen“ aus der Gesellschaft müssten entfernt werden, „lieber zehn Millionen vertrauenswürdige Einwohner als dreißig Millionen Vandalen“.
Eine dieser zehn Millionen ist Asma, Anfang 30, aus Damaskus. Der KURIER erreichte sie einen Tag nach der Präsidentschaftswahl, die Assad den erwarteten Sieg beschert hat. „Den ganzen Wahlkampf über hat er sich hinter Floskeln wie „die Hoffnung ist in Arbeit“ versteckt, kein einziges Mal darüber gesprochen, was seine konkreten Ziele sind. Der Durchschnittslohn eines Beamten beträgt 16 Dollar im Monat, ganz anders sieht es beim Großteil der Bevölkerung aus“, sagt sie.
Sowohl Strom als auch fließendes Wasser gebe es nur unregelmäßig, nur am Wahltag selbst habe plötzlich alles funktioniert. „Nahrung, schöne Autos, Luxusgüter gibt es in Syrien zuhauf – aber eben nur für jene, die es sich leisten können“, berichtet Asma.
Auch wenn der Krieg für sie und ihre Freunde kein großes Thema mehr sei, „die zerstörten Gebäude in der Stadt erinnern immer noch daran, werden nicht wiederaufgebaut“. Selbst treue Assad-Anhänger in ihrem Bekanntenkreis würden sich oft über die Zustände im Land beschweren, gewählt hätten sie ihn trotzdem.
Geplante Abschiebungen
Für viele, vor allem die Minderheit der Alawiten, gibt es in Syrien keine Alternative. Mit dem Wahlsieg Assads wird das auch weiterhin so bleiben. Ist es daher möglich, Flüchtlinge wieder nach Syrien zurückzuschicken? Für den dänischen Rat für Flüchtlingsfragen lautet die Antwort „ja“. Bis zu 500 Syrer sollen bis Ende des Jahres nach Syrien abgeschoben werden. Darunter Frauen und Kinder. Junge Männer, denen unter anderem der Zwangseinzug in die Armee droht, sind davon ausgeschlossen.
Allerdings müsste das Land dafür diplomatische Beziehungen zu Syrien aufnehmen – das gilt derzeit in der EU als unmöglich. Nicht nur Dänemark, auch Deutschland prüft die Abschiebung nach Syrien, allerdings soll das nur islamistische Gefährder und verurteilte Straftäter betreffen.
In Österreich sind „Rückführungen nach Syrien aufgrund der schlechten humanitären Lage weiterhin nicht möglich bzw. zulässig“, heißt es aus dem Innenministerium auf KURIER-Anfrage. Die Situation in Syrien werde laufend beobachtet und bei „Eintreten neuer Umstände neu bewertet“.
Kommentare