Am 21. Februar 2018 wurden der Journalist Jan Kuciak und seine Verlobte Martina Kušnírová in ihrem Haus erschossen. Er hatte Verbindungen der Mafia bis ins Büro von Fico thematisieren wollen. Fico trat danach zurück. 2023 gewann er erneut die Wahl und kehrte ins Amt zurück. Wie schaffte er das?
Vereinfacht gesagt: Er hat aus dem Playbook von Erdogan, Trump und Co. gelernt und sich jeweils das Beste herausgeholt: Gegen Impfen, pro Russland, gegen Eliten, mit Aussagen wie „die Medien machen uns krank“... Er nimmt alle Bausteine, um Wahlen zu gewinnen. Dabei ist er eine polarisierende Figur. Einige Zeitungen und auch die Onlineplattform aktuality.sk, bei der Kuciak und seine Lebensgefährtin gearbeitet haben – agieren sehr aggressiv gegen Fico.
Unruhe und Proteste rief Ficos geplante Rundfunkreform hervor. Was ist da geplant?
Es ist keine inhaltliche Reform. Die Regierung will nur die Spitze loswerden, die die Vorgängerregierung eingesetzt hat. Jede Regierung will ihre Leute einsetzen. Die Reform besteht darin, Fernsehen und Radio aufzuteilen, um neue Führungen zu installieren. Dagegen wehren sich Journalisten, Mitarbeiter und die Zivilgesellschaft. Was noch für Proteste sorgte: Fico wollte die Korruptionsstaatsanwaltschaft auflassen und das Strafrecht in Hinsicht auf Korruption lockern.
Sie haben bis 2023 zehn Jahre lang größten Privatsender der Slowakei, Markisa TV, geleitet und dabei auch Ficos als Regierungschef erlebt.
Markisa ist von der Größe her wie RTL und von der gesellschaftspolitischen Stellung wie der ORF. Einfach war es nicht immer, weil die Verführung, den Zugriff auf das Fernsehen zu bekommen, gibt es in jedem Land. Wir haben versucht, einen westlich-demokratischen Kurs zu halten, waren dabei aber von der Haltung her immer mittig. Unsere Journalisten waren keine Fico-Hasser. Aber 100 Prozent der Journalisten von Markisa stehen für Freiheit und Demokratie.
Schadet das Schussattentat eines einzelnen Täters den Anliegen der Zivilgesellschaft?
Die Frage ist, was jetzt passiert. Ob man sich versöhnlich gegenübersteht und dieses schreckliche Attentat zum Anlass nimmt, mehr aufeinander zuzugehen. Es steht aber genauso zu befürchten, dass die Regierung noch autoritärer wird. Es ist für ein Land keine gute Entwicklung, wenn solche Dinge passieren - weder der Mord an dem Journalisten noch der Mordversuch an dem Regierungschef.
Wie geht es weiter?
Die Slowakei hat zwei Gesichter, friedlich und widerständig, West und Ost. Große Teile sind sehr modern. Große Teile wollen in den Osten. Das zerreißt das Land auch: Bratislava ist nahe an Wien, und die ukrainische Grenze von dort ein paar hundert Kilometer entfernt. Ganz so als ob bei uns Bregenz die Hauptstadt wäre. Es gibt den geflügelten Spruch: Die Slowakei ist je nach Ansicht das erste slawische Land oder das erste westliche.
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