Was betrachten Sie als größte Bedrohung für die Sicherheit in Ihrem Land? Diese Frage stellte das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Frühjahr 21.800 Europäern. Bei jedem fünften der Befragten aus 13 EU-Ländern sowie Großbritannien lautete die Antwort nicht etwa Klimawandel oder Terror, sondern Migration.
Mit Abstand am häufigsten war diese Meinung in Griechenland zu hören, 64 Prozent der dort Befragten teilte sie (Österreicher wurden nicht befragt).
Seit Jahren zählt Griechenland zu den Hotspots der Flüchtlingskrise – und wird wie Italien, Spanien oder Malta mit dem Problem größtenteils alleingelassen. Obwohl seit dem „Flüchtlingssommer“ 2015 fünf Jahre vergangen sind, konnten sich die EU-Länder bisher nicht auf eine einheitliche Asyl- und Migrationspolitik sowie eine Reform der Dublin-Verordnung einigen. Diese legt fest, dass jenes Land für die Bearbeitung eines Asylantrags verantwortlich ist, in dem der Antragsteller erstmals EU-Boden betreten hat.
Nun startet die Kommission einen neuen Anlauf, die Herausforderungen durch die Migration gemeinsam zu lösen - und konsultiert dabei NGOs, Verbände und auch interessierte Bürger.
"Ankunftszentren"
2016 gab es einen ersten Reformvorschlag der EU-Kommission, der aber nie umgesetzt wurde. Es spießte sich v. a. an der Frage der Umverteilung von Asylberechtigten – was Griechenland oder Italien ebenso vehement fordern wie es Ungarn, Polen oder Österreich ablehnen.
EU-Innenkommissarin Ylva Johansson ist zuversichtlich, dass mit der neuen Initiative noch heuer der Grundstein für ein gemeinsames Vorgehen gelegt wird. Und auch der deutsche Innenminister Horst Seehofer, dessen Land derzeit den EU-Ratsvorsitz führt, will sich in nächster Zeit vor allem auf die Migrationspolitik konzentrieren.
Im September will die EU-Kommission ihre Vorschläge für einen „Neuen Migrations- und Asylpakt“ vorstellen. Dem Vernehmen nach dürften die Schwerpunkte auf der die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitstaaten, der Schaffung legaler Einreisemöglichkeiten sowie auf einer rascheren Rückführung abgelehnter Asylwerber liegen.
Die Rede ist auch von möglichen Vor-Prüfungen der Asyl-Chancen in sogenannten „Ankunftszentren“ an den EU-Außengrenzen. Dort könnten Migranten ausgesiebt werden, die keine Aussicht auf ein Asylverfahren haben.
Derzeit haben – wie bei Gesetzesinitiativen der EU-Kommission üblich – Organisationen, NGOs, Lobbygruppen und auch Bürger die Möglichkeit, sich aktiv einzubringen. Auf der Website „Ihre Meinung zählt“ können Interessierte bis 27. August Vorschläge oder Kritik posten, was bis Montagnachmittag rund 150 Menschen machten. Die EU-Kommission sichtet die Beiträge, fasst sie zusammen und erläutert später in einem Bericht, in welcher Weise sie im Gesetzesvorschlag berücksichtigt wurden – oder auch nicht.
Über die Umsetzung der Vorschläge, auch im Fall der Asyl- und Migrationsreform, entscheidet allerdings nicht die Kommission. Das letzte Wort haben die Mitgliedsstaaten selbst, und zwar in EU-Rat und Europäischem Parlament.
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