Der Westen hat versucht, das Regime mit Sanktionen und dem Atomabkommen zu mäßigen. Hat das funktioniert?
Der grundlegende Fehler des Westens war, zu glauben, dass man dieses Regime dazu bringen kann, sein Verhalten zu ändern, aber das funktioniert nicht, weil es in der DNA dieser religiösen Diktatur drinsteckt. Westliche Regierungschefs sind in den Iran gereist und meinten, sie wollten so die iranische Kultur anerkennen. Was sie anerkannt haben, war ein barbarisches Regime, eine religiöse Diktatur. Der einzige Weg für den Iran ist eine grundlegende Änderung des Systems, um endlich diesen endlosen Kreislauf der Unterdrückung zu durchbrechen. Es muss klar sein, dass es keine Aussicht auf eine Reform dieses Regimes gibt, sondern nur einen grundlegenden Wandel. Und um den zu ermöglichen, versuchen wir jetzt, so geeint wie möglich zu sein, Demokraten und Monarchisten, Religiöse und Nicht-Religiöse. Denn es wird in Zukunft sicher Uneinigkeit geben, es werden Herausforderungen für uns kommen. Je einiger wir uns jetzt sind, desto leichter werden wir die überwinden.
Was aber kann Europa tun, um die Opposition zu unterstützen?
Zu allererst muss es endlich mit den richtigen Gesprächspartnern reden, mit der Opposition, im In- und im Ausland. nicht mit den Vertretern des Regimes. Selbst die Köpfe der Reformbewegung, also etwa Ex-Premier und Präsidentschaftskandidat Mussawi, bekennen heute öffentlich, dass nur ein Sturz des Regimes der richtige Weg ist. Dann braucht es ganz praktische Unterstützung, etwa Technologie, um den Regimegegnern Zugang zum Internet zu geben, den das Regime derzeit ständig abschneidet. Großflächig organisierte Streiks, wie wir sie schon hatten, sind eine starke Waffe, um das Regime unter Druck zu setzen. Doch wir brauchen Mittel, damit die Menschen diese Streiks durchhalten können. Die müssen ja ihre Familien ernähren. Gut wäre es da etwa, Ausnahmen bei den Sanktionen von Geldtransfers aus dem Ausland zu machen, damit wir aus dem Exil diese Streikenden unterstützen können.
Aber es gibt Kräfte, die das Regime stützen, wie das Militär und die Revolutionsgarden.
Wir müssen es schaffen, Teile von ihnen auf unsere Seite zu ziehen. Nur so können wir Stabilität im Land nach dem Umsturz garantieren. Dazu müssen wir ihren einfachen Vertretern signalisieren, dass sie einen Platz im neuen Iran bekommen werden. Wir müssen ihnen also einen Ausweg bieten, damit sie nicht bis zuletzt das Regime stützen.
Soll es in einem demokratischen Iran Religionsfreiheit geben?
Freiheit für Religionen, ohne jegliche Diskriminierung für welche Religion auch immer, ist eine Grundvoraussetzung für Demokratie. Das gilt sowohl für Moslems als auch für Christen, für Menschen, die das Kopftuch tragen wollen, und jene, die es ablehnen. Heute sprechen sich ja schon Kleriker im Iran für ein Ende der religiösen Diktatur aus. Die Iraner haben in 40 Jahren religiöser Diktatur sehr schmerzhaft lernen müssen, dass das kein Weg für eine gerechte Gesellschaft ist.
Welche Rolle aber sehen Sie für sich persönlich?
Ich habe den Großteil meines Lebens in freien Ländern in freien Gesellschaften verbracht. Was für mich zählt, ist diese Freiheit in einer Gesellschaft, die offene Diskussion über ihre Zukunft, das ist für mich viel wichtiger, als irgendeine Rolle in einer Institution zu übernehmen. Wenn ich also in die Rolle irgendeiner Autorität schlüpfen würde, würde ich mich selbst um diese offene Debatte bringen. Da haben wir genügend Leute, die sich um die Fragen des Regierens kümmern können. Momentan aber ist für mich klar, dass ich eine wichtige Rolle dabei zu spielen habe, diesen Übergang zu einer Demokratie zu organisieren und mitzuhelfen, dass der möglichst glatt und ruckfrei abläuft und so viele Menschen wie möglich auf diesem Weg mitnimmt.
Das Interview führte der KURIER gemeinsam mit der APA.
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