Für eine doch sehr fortgeschrittene Wahlnacht hat sich Jason einen nüchternen Blick bewahrt. Wenn Joe Biden tatsächlich ins Weiße Haus einziehen sollte, meint der Kleinunternehmer, dann werde sich bald auch wieder Widerstand gegen ihn formieren: „So weit schwingt das Pendel nicht aus, dass es nicht irgendwann auch wieder zurückschlägt. So funktioniert unser System eben – und es funktioniert auch nach dieser Wahl weiterhin.“
Trump-Sieg zeichnete sich ab
Für die Republikaner jedenfalls hat es an diesem Wahlabend sehr gut funktioniert, zumindest in Ashtabula County, im Nordosten von Ohio. Nicht nur hat Donald Trump den Bundesstaat klar gewonnen, auch die örtlichen Kandidaten vom Abgeordneten im Parlament von Ohio bis zum Sheriff und zum Richter – auch die werden hier gewählt – haben großteils gewonnen. Für Cindy, die örtliche Wahlkampfleiterin hatte sich das schon länger abgezeichnet: „Da haben Leute Fahnen und Schilder aus unserem Wahlkampf-Büro abgeholt, die hatte ich vorher noch nie gesehen.“
Rückenwind haben die Republikaner hier schon seit Längerem – und seit Trump ist der immer stärker geworden. Es ist eine jener Gegenden im Nordosten der USA, die einst scheinbar uneinnehmbare Hochburgen der Demokraten waren. Viel Industrie und dazu riesige Hafenanlagen am hiesigen Eriesee, über den man das alles in Richtung von Metropolen wie Detroit oder Toronto verschiffte. Wer dort arbeitete, war selbstverständlich bei der Gewerkschaft und wählte demokratisch. „Die sind immer noch feindselig, wenn sie uns sehen“, erzählt Cindy von ihren Wahlkampftouren, „aber insgeheim haben viele von denen Trump gewählt.“
Von insgeheim ist beim anderen Teil der Menschen in der Gegend nicht die Rede. Es sind Farmer, für die etwas anderes als die Republikaner ohnehin nicht in Frage kommt. Fragt man sie, ob das diesmal eine schwierige Entscheidung gewesen sei, bekommt man kaum mehr als ein Achselzucken und knappe Sätze wie „Warum sollte es?“ als Antwort.
"Gott und Familien zuerst"
Die passenden Prinzipien dazu hat Cindy in ihrem Wahlkampfbüro auf einer Liste aufgereiht. Ganz oben steht das „Gott und Familie zuerst“, danach kommen „starke Verteidigung“ und „niedrige Steuern“. Und auf die würde sie pochen, bei jedem, der bei ihr vorbeikomme und sich für die Partei interessiere, meint Cindy lachend und meint es trotzdem ziemlich ernst.
So viel Prinzipientreue bekommt man nicht von allen Republikanern aufgetischt, die in einer örtlichen Brauerei den Wahlabend verfolgen. Für Anthony etwa, ein Beamter im Arbeitsministerium, sind niedrige Steuern ein wichtiges Anliegen. Noch wichtiger aber wäre es, endlich den Wust an Regelungen und Verordnungen zu entwirren. Das sei zwar eigentlich das Land des freien Unternehmertums, „aber da gebe es Horden von Beamten, die alles nur noch komplizierter machen“. Von der Verkehrsordnung bis zum Bankwesen, Anthony kann sich da sehr schnell in sehr vielen Details verlieren. Auf jeden Fall müsse da dringend entrümpelt werden und „etwas mehr Vernunft einkehren“.
Wenn man ihn aber nach seinen grundsätzlichen politischen Motiven und seinen Sorgen bei dieser Wahl fragt, wird er dann doch wieder sehr deutlich. Die Demokraten seien in den letzten Jahren nach links abgedriftet. Leute wie Bernie Sanders, die seien gefährlich. Sozialist nennt sich Sanders selber, Anthony aber geht da deutlich weiter: Ein „Kommunist“ sei der, und entsprechend radikal seien seine Pläne.
Trump gegen China
Wie genau die aussehen, darauf will sich Anthony hier nicht einlassen. Klar sei nur, Sanders und viele andere Demokraten seien einfach wütend auf Donald Trump: „Schließlich hat der bei vielen Themen endlich einmal die richtigen Fragen gestellt. Wer hat sich denn sonst getraut, gegen China anzutreten.“ Was die Angst vor dem Kommunismus angeht, gibt sich der Pragmatiker Jason gelassener. Die Demokraten jedenfalls, da sind sich er und Anthony einig, würden vor allem versuchen, ihre Macht auf Dauer zu sichern: „Da werden wir uns noch wundern, wozu die bereit sind.“
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