Polit-Krise in Israel: Regierung wegen Hefe-Streits ohne Mehrheit

Polit-Krise in Israel: Regierung wegen Hefe-Streits ohne Mehrheit
Der Wechsel einer hohen Abgeordneten sorgt für Gleichstand im Parlament. Schuld ist ein Streit um Hefe-Produkte. Drohen jetzt schon wieder Neuwahlen?

Zehn Monate hielt die Regierung von Naftali Bennett mit nur einer Stimme Mehrheit im israelischen Parlament, der Knesset, durch. Ausgerechnet mit dem Überlaufen der Koalitionseinpeitscherin Idit Silman aus Bennetts eigener Partei Yamina steht dessen „Anti-Netanjahu-Koalition“ jetzt vor einem Ende.

Sie entstand im Juni 2021 als Spagat von links bis rechts und als Notlösung nach vier unentschiedenen Wahlgängen in nur 18 Monaten. Jetzt geht Israels politische Krise wieder weiter: Mit Neuwahlen oder einer „Zombie-Regierung“, die nur mit wechselnder Hilfe aus der Opposition von Abstimmung zu Abstimmung wackeln könnte.

Eine neue Koalition unter Ex-Premier Benjamin Netanjahu erscheint ohne Neuwahlen unmöglich. Am Mittwoch erklärte er deshalb vor dem Parlament: „Die Tage dieser Koalition sind gezählt. Wir müssen nur noch auf weitere Überläufer warten.“

Der Hefe-Streit

Als Vorwand für ihren Sprung in die Opposition gab Silman den sogenannten Hefe-Streit an. Die Regierung wollte zu Pessach, dem Fest des ungesäuerten Brotes, ein bisher übliches Verbot der Mitnahme von Hefe-Waren in Krankenhäusern nicht länger durch Eingangskontrollen erzwingen. So wollte es auch Israels oberstes Gericht.

Sicherheitsverantwortliche kritisierten ebenfalls die erweiterten Kontrollen, selbst Krankenhaus-Rabbiner Avraham Resnikov erklärte, sie könnten das Einschmuggeln von Hefe-Produkten unmöglich verhindern: „Rücksicht und Takt können das besser.“ Trotz dieser Gegenargumente wollte Silman daran festhalten – und ging. Überzeugender war wohl die Aussicht auf einen hohen Listenplatz in Netanjahus Likud-Partei.

Israels Premier Netanyahu in der Knesset.

Würde Netanjahu von der Likud-Parteispitze zurücktreten, wäre eine Koalitionsbildung wohl sofort möglich.

Die Lösung wäre simpel

Israels Wahlrecht bietet zwar einige Auswege aus dem 60:60-Patt an, in dem man nun feststeckt, doch alle erscheinen derzeit schwer zugänglich. Mit nur einer weiteren Stimme könnte die Opposition die Auflösung der Knesset durchsetzen, wodurch die jetzige Koalition zur Übergangsregierung würde. Als solche wäre sie aber nicht zu stürzen.

Zudem wäre durch das Koalitionsabkommen dann der jetzige Außenminister Jair Lapid neuer Premier, Bennett müsste sein Amt räumen. Ein Mechanismus, der die erst 2023 anstehende Ämterrotation zwischen Bennett und Jair Lapid garantieren sollte.

Mit anderen Worten: Stürzt die rechte Opposition die Regierung, erhält sie im Gegenzug einen linksliberalen Übergangspremier, den sie nicht mehr stürzen könnte. Zur Erinnerung: Die letzte Übergangsregierung unter Netanjahu hielt 18 Monate und vier unentschiedene Wahlgänge durch.

Die Lösung wäre so simpel: Ohne Netanjahu könnte seine Partei Likud in wenigen Stunden an der Spitze einer neuen Koalition stehen. Dazu müsste der 72-Jährige die Führung abgeben, was er bisher auch nach vier Wahlgängen immer wieder ablehnte. Neuwahlen sind wahrscheinlicher. Und dürften – wie gewohnt – in einem Unentschieden enden.

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