In Nahost entsteht eine neue Sicherheitsstruktur

Erhöhte Sicherheitswarnstufe vor Beginn des Ramadan und der jüdischen Feiertage nach
einem IS-Anschlag mit zwei Toten und zwölf Verletzten am Vorabend des Außenministertreffens
Im Nahen Osten können Diplomatie wie Terror spontan entstehen: In weniger als einer Woche organisierte Israels Außenminister Jair Lapid einen Gesprächstisch mit vier arabischen Amtskollegen, an den sich dann auch Antony Blinken aus Washington setzte. Die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Marokko und Ägypten mit Israel und den USA an einem Tisch – was vor zwei Jahren noch als unmöglich gegolten hatte, begann am Montag in der Negev-Wüste fast Routine zu werden.
Aber noch am Vorabend schossen zwei Selbstmord-Attentäter in Chadera auf offener Straße wild um sich. Bilanz: Zwei Tote und zwölf Verletzte. Die palästinensischen Islamisten von Hamas und Dschihad jubelten. Doch die Verantwortung übernahm die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). Tatsächlich war der Angreifer Ibrahim Agbariye (29) ein verurteilter IS-Sympathisant. Festgenommen 2016 in der Türkei auf dem Weg zur Front. Sein Mittäter und Cousin Ayman (35) saß wegen Waffenhandels im Gefängnis.
Nur eine Woche zuvor hatte Muchammad Abu al-Kayan (34) in Beer Schewa vier Passanten auf offener Straße erschossen. Auch er – ein Israeli. Auch er saß bis 2019 im Gefängnis nach einem Versuch 2015, sich dem IS anzuschließen.
Vieles spricht aber dafür, dass die Selbstmordattentäter keine Befehle aus dem Ausland erhalten hatten.
Noch diese Woche beginnt der Fastenmonat Ramadan, und in Israel stehen mehrere Feiertage an. Eine Zeit, in der die Gefahr neuer Attentate zunimmt. Polizei und Armee zeigen daher verstärkte Präsenz.
Umgang mit dem Iran
Beim Treffen der sechs Außenminister am Montag wurde jedenfalls Einigkeit demonstriert. Lapid und Antony Blinken nannten die Gefahr in ihren Reden beim Namen: der Iran. Nach innen dürfte gerade dieses Thema auch Widersprüche provoziert haben. Israel und die Golf-Anrainer-Staaten sind über das in Wien sich abzeichnende neue Nuklear-Abkommen mehr als besorgt. Denn die US-Regierung hat die Absicht, die iranischen Revolutionsgarden von ihrer Terror-Liste zu streichen.
Was in den Golf-Staaten, die unter Raketenbeschuss dieser Truppe stehen, auf kein Verständnis stößt. Blinken machte jedoch klar, dass die USA weiter ein Abkommen anstrebten. Zugleich sprach er aber auch von einer „gemeinsamen regionalen Zusammenarbeit gegenüber gemeinsamen Sicherheitsbedrohungen“. Die Medien zitierten Teilnehmer, die am Rande der Gespräche von einer sich anbahnenden „gemeinsamen regionalen Sicherheitsstruktur“ sprachen. Aber auch Blinken wird bei abgeschalteten Mikrofonen Forderungen vorgebracht haben. Wirft der Ukraine-Krieg seine Schatten doch auch nach Nahost: Die USA wollen verstärkte Öl- und Gaslieferungen. Im Gegenzug sind die arabischen Staaten, vor allem Ägypten, besorgt über weltweit steigende Getreidepreise, kann doch der Brotpreis in arabischen Ländern Volksaufstände auslösen.
Die gemeinsame Gesprächsrunde soll in Zukunft regelmäßig mit jeweils wechselnden Gastgebern zusammenkommen. Womöglich werden dazu auch Palästinenservertreter eingeladen.
Kommentare