Erster muslimischer Höchstrichter in Israel

Erster muslimischer Höchstrichter in Israel
Das rechte politische Lager übt massive Kritik. Arabische Höchstrichter sind in Israel zwar nichts Neues, bisher waren aber alle Christen.

Zum ersten Mal wurde am Montag ein Muslim als ständiger Richter in Israels Oberstes Gericht gewählt. Chaled Kabub war bereits drei Mal als Kandidat vorgeschlagen worden. Im Vorjahr verzichtete er vorzeitig, da er sich selbst keine Chancen ausgerechnet hatte. Ist in Israel doch die Ernennung neuer Richter ein hartes Gerangel zwischen Parteien und Juristen, in dem die rechten Politiker in den vergangenen Jahren immer häufiger den Ausschlag gaben –  oder zugunsten des angeklagten Ex-Premier Benjamin Netanjahu Entscheidungen auf immer längere Bänke schoben.

Der Erfolg Kabubs ist  auch ein Erfolg für die neue Regierungskoalition. Sie hat versprochen, die Ernennung neuer Richter endlich durchzuziehen. Kabub sitzt jetzt auf dem im traditionellen Proporz Arabern vorbehaltenen Sessel in der obersten Instanz Israels. Seine Vorgänger waren arabische Christen. Nur einmal wurde ein Muslim allerdings zeitlich begrenzt ins Amt gewählt.
Israels Oberstes Gericht entscheidet – wie in vielen anderen Staaten der Welt – oft in politisch strittigen Fällen. Darum gilt der Wahl des arabischen Kandidaten immer ein besonderes öffentliches Interesse.

Unbestechlich

Kabub hatte als Vizepräsident des Tel Aviver Landesgerichts  bisher nur wenig mit „politischen“ Fällen zu tun. Sein Fachgebiet ist Wirtschaftsrecht. In dem schaffte er sich den Ruf eines Richters, der „Straftäter auch am weißen Kragen packt“, so die Wirtschaftszeitung Kalkalist. Gemeint ist: Dass er vor „großen Tieren“ nicht in die Knie geht.  Ein Beispiel:  Der Aktien-Betrüger Amir Bramly versuchte 2017, Kabub zu bestechen. Als er dabei auf Granit biss, wurde  die Anklage gar auf Bestechung ausgeweitet. Danach versuchte es Bramly   mit Erpressung – bei Kabubs Sohn Walid, was zu einer neuerlichen Anklage führte.  Letztendlich versuchte der Widerborstige den Richter vom Fall wegen Befangenheit abziehen zu lassen. Das Höchstgericht schmetterte das Verlangen ab: „An Kabubs Redlichkeit kann es keine Zweifel geben.“

Trotzdem ist Kabub für den rechten Justiz-Kritiker Schai Glick „ein bisher   unerreichter Tiefpunkt unserer Justiz“. Seine Argumentation:  Kabub habe  vor zwei Jahren eine Ehrenauszeichnung stellvertretend für seinen Vater entgegengenommen. Dieser hatte sich in der Vergangenheit für den Erhalt muslimischer Friedhöfe und Bauwerke in Kabubs Geburtsstadt Jaffo eingesetzt. Die Ehrung erfolgte durch die aktivistische Organisation Murabitun. Sie organisiert auch Demonstrationen neben der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem. Im Vorjahr waren diese von heftigen Unruhen und Krawallen begleitet gewesen. Weshalb Glick Richter Kabub „in einer Reihe mit dem Terror“ sieht. 

Die rechte Innenministerin Ayelet Schaked enthielt sich bei der Wahl Kabubs der Stimme. Doch votierte sie gegen die ebenfalls ernannte Ruth Ronen, eigentlich eine eher unauffällige Wirtschaftsjuristin. Ihr Ehemann aber, ein erfolgreicher Hi-Tech-Investor, soll hohe Spenden an einen linken Fonds gezahlt haben. Schaked ist seit Jahren eine Vorkämpferin gegen die in ihren Augen übermächtige oberste richterliche Instanz Israels. Von den vier neuen Ernennungen sah sie am Dienstag „zwei Richter klar auf unserer Seite“. Wobei auch „ihre“ Kandidaten, die zweite Richterin Gila Kanfy-Steinitz und Jechiel Kascher, nicht automatisch als „rechts“ einzuordnen sind. 

Professor Mordechai Kremnitzer, selbst als „zu liberal“ in der Vergangenheit mehrfach als Kandidat gescheitert, schätzt die neuen Richter unbefangener ein als von vielen erwartet oder befürchtet: „Sie werden es mit den Herrschenden nicht leicht haben, doch können sie noch überraschen.“ 

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