"Pessach wird kein Karneval": Strikte Einschränkungen in Israel

"Pessach wird kein Karneval": Strikte Einschränkungen in Israel
Zum wichtigen jüdischen Fest herrscht ein De-facto-Reiseverbot. Besonders betroffen vom Coronavirus sind Ultra-Orthodoxe.

Was Christen Ostern, ist Juden das Pessachfest, das ab heute begangen wird – in Zeiten der Corona-Krise ganz anders als sonst. Israels Regierung verschärfte vor dem Fest, das an den Auszug aus Ägypten erinnert, alle Vorsorgemaßnahmen: Ab Mittwochnachmittag bis Sonntag verhindern Polizeisperren Aus- und Einfahrten von und zu allen Städten.

Wer sich nicht an das De-facto-Reiseverbot auf den Überlandstraßen hält, muss mit empfindlichen Geldstrafen rechnen. So soll eine neue Ansteckungswelle durch die zu erwartenden vermehrten Familien-Kontakte vermieden werden.

Zum Purim-Karneval im vergangenen Monat (Erinnerung an die Rettung der Juden im Achämenidenreich) blieben die Sperren aus, mit schlimmen Folgen. „Pessach wird kein Karneval“, erklärte Premier Benjamin Netanjahu, „alle feiern Zuhause allein mit der Kernfamilie.“

Ultra-Orthodoxe besonders betroffen

Derzeit sind besonders ultra-orthodoxe Städte und Viertel in Israel vom Coronavirus betroffen. Wo Purim besonders ausgelassen in den Straßen gefeiert wurde. Zwei orthodoxe Minister verzögerten auch noch die Schließung der Synagogen. Wodurch sich das Virus rasant vermehrte. Acht orthodoxe Ortschaften und mehrere Viertel Jerusalems sind jetzt abgesperrt. Die Armee übernahm die Versorgung mit Lebensmittel.

Am Dienstag befand der von der Opposition dominierte neu eingerichtete Corona-Ausschuss zur Politik der Regierung: „Gedanklich wie organisatorisch ein gescheiterter Entscheidungsprozess.“ So habe Premier Netanjahu allein mit gerade einmal zwei Staatssekretären einsame, aber weit reichende Entscheidungen gefällt. Auch der Kauf von Test-Kits sei unzureichend gewesen. Selbst bei einer im Herbst erneut zu erwartenden Infektionswelle würden die Vorbereitungen unzureichend sein.

Die Kritik wiederholt im Wesentlichen, was bereits eine Gruppe von 13 Wissenschaftern in der Vorwoche schrieb: Durch gezielte Sperren wären weniger Menschen vom Arbeitsausfall betroffen gewesen. So seien aber wirtschaftliche Folgen zu wenig berücksichtigt worden. Mit Langzeitfolgen, die ebenso Leben gefährden wie das Virus.

Netanjahu verwies dagegen in seiner Ansprache am Montag auf die in Israel niedrigen Corona-Zahlen. Weltweit stand Israel am Dienstag mit 9.000 nachgewiesenen Ansteckungen und 60 Todesfällen tatsächlich weit unten auf der globalen Corona-Skala.

Schulen Ende April offen

Trotzdem verhallte die Kritik an der bisherigen Corona-Bekämpfung nicht ungehört: Nach Pessach sollen die Sperren neu geregelt werden. „Ausgerichtet am lokalen Virus-Aufkommen“, so der Pandemie-Experte Boas Lev. Zugleich soll ab Sonntag Maskenpflicht in der Öffentlichkeit gelten. Gegen Monatsende sollen dafür Schulen wieder öffnen. Zu Beginn noch im Schichtbetrieb mit jeweils halbierten Klassen. „Doch kommt es weiter auf das Verhalten der Öffentlichkeit an, das bisher beispielhaft war“, so Lev.

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