"Partygate" sorgt für Johnsons schlimmste Zeit im Amt
"Nightmare Before Christmas", also "Albtraum vor Weihnachten" – das ist nur eine der bildlichen Beschreibungen, die britische Medien für Boris Johnsons Adventzeit verwenden. Dabei hätte der Donnerstag dank der Geburt seiner Tochter ein glücklicher Tag sein sollen.
Aber ein Ende des Albtraums ist wegen eines Eklats über eine angebliche Lockdown-Party von Mitarbeitern und der Ausbreitung von Omikron nicht in Sicht. Von britischen Medien wird er dafür wie die sprichwörtliche Sau durch's Dorf getrieben, seine Umfragewerte sind im Keller.
Mittwochabends kündigte der Premier seinen „Plan B“ gegen Corona, also eine Verschärfung der Maßnahmen, für den größten Landesteil Englands an. Eine lautstarke Gruppe seiner Tory-Abgeordneten reagierte verärgert, weil Johnson vor der Öffnung am „Freedom Day“ im Juli die Lockerungen noch „unumkehrbar“ genannt hatte. Jetzt muss er sich bei der Abstimmung im Unterhaus am Dienstag auf verbale Granaten gefasst machen.
Manche regneten sofort auf ihn ein. So fragte ein Tory, ob Plan B nur ein Ablenkungsmanöver von einem potenziellen Skandal namens „Partygate“ sei. Johnsons Regierung musste sich schon mehrfach für Verstöße gegen COVID-Regeln rechtfertigen. So auch in dieser Woche, in der ein internes Video auftauchte, das nahelegte, dass Johnsons Mitarbeiter letztes Jahr zu Weihnachten trotz Lockdown eine Party feierten und darüber witzelten. Johnsons ehemalige Sprecherin nahm ihren Hut, der Premier entschuldigte sich für das Video und ordnete eine Untersuchung an, ob tatsächlich ein Fest stattgefunden hatte.
Der "Grinch-Premier" schweigt zur Anzahl seiner Kinder
Experten befürchten nun, dass so manche Briten Johnsons neue COVID-Regeln ignorieren könnten. Die Labour-Opposition kritisiert regelmäßig, seine Regeln würden offenbar nicht für ihn selbst und seine Freunde gelten. Die Titelseite der Sun zeigte am Donnerstag den Premier mit grünem Gesicht: „Dem Grinch-Premier wird ’eine Regel für sie, eine für uns’ vorgeworfen“.
Laut Umfragen finden 54 Prozent der Briten, inklusive 33 Prozent der Tory-Wähler, Johnson solle wegen „Partygate“ zurücktreten. Das Nachrichtenportal Politico nannte den Mittwoch seinen bisher schlimmsten Tag im Amt. Und der den Tories sonst wohlgesinnte Telegraph fragte, ob all das vielleicht „der Anfang vom Ende“ für Johnson sei.
Wenn Plan B zur Ablenkung gedacht war, schien auch das nach hinten loszugehen. Der Telegraph kritisierte die neuen COVID-Regeln etwa als „irrational“ und fasste sie, beim Thema Party bleibend, so zusammen: „geht nicht arbeiten, aber geht Party machen“. Denn die Regierung rät jetzt zu Homeoffice, Weihnachtsfeiern können aber stattfinden; Maskenpflicht wird, etwa auf Kinos, ausgeweitet, aber im Pub und Restaurant sind sie nicht notwendig.
Das Baby schien da wie eine dringend notwendige gute Nachricht für den Premier. Aber Medien erinnerten auch hier daran, dass Johnson sich stets weigert zu sagen, wie viele Kinder er hat. Laut Guardian ist das neue „mindestens sein siebtes“.
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