Möglich wäre ein Verbot durchaus. Zweimal in der Geschichte der Bundesrepublik wurden bereits Parteien verboten, 1952 die NS-Nachfolgerin Sozialistische Reichspartei (SRP), vier Jahre später die Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), weil sie gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstießen. Bei der eindeutig neonazistischen NPD hat man es jahrelang versucht, das Verfahren scheiterte 2017 aber, da sie damals bundesweit nicht mehr bedeutend genug war.
Bei der AfD wäre dieser Hinderungsgrund nicht zu befürchten. Sie liegt in den drei Ost-Bundesländern, in denen im Herbst gewählt wird, vorne – genau darum nimmt die Verbotsdebatte jetzt auch Fahrt auf: „Die AfD ist eine große Bedrohung. Gerade im Osten bekommt man die Partei auf politischem Weg nicht mehr klein", sagte der frühere Ostbeauftragten der Regierung, Marco Wanderwitz, kürzlich. Er will noch vor den Wahlen einen Verbotsantrag im Bundestag einbringen, auch in der SPS gibt es hochrangige Unterstützer für diesen Plan.
Rechtliche Folgen für die bevorstehenden Wahlen hätte ein Verbotsverfahren nicht, denn ein Ergebnis wäre erst in ein paar Jahren zu erwarten. Das Procedere ist sehr aufwändig: Dem Antrag folgt eine Vorprüfung des Verfassungsgerichts, danach startet das Hauptverfahren; und die betroffene Partei selbst kann dieses mit Anträgen massiv in die Länge ziehen.
Politisch wären die Folgen aber gleich sichtbar, womöglich aber mit gegenteiligem Effekt. Die AfD betreibt bereits jetzt gerne Opfer-Täter-Umkehr, wenn es um schwerwiegende Vorwürfe wie etwa in der Spionageaffäre geht – denkbar ist, dass sie sich bei einem Verbotsverfahren als zu Unrecht verfolgt stilisiert.
Nein. Der Grund liegt darin, dass Deutschland seine Verfassung - das Grundgesetz - nach 1945 im Lichte der NS-Herrschaft beschlossen hat. Darin wurde ein Hinderungsmechanismus für ein Wiedererstarken extremistischer Parteien eingebaut. Österreich hingegen hat seine in dieser Hinsicht wertneutrale Verfassung aus dem Jahr 1920 behalten und nur um das Verbotsgesetz erweitert.
Das sei nicht ideal, sagt Verfassungsexperte Peter Bußjäger im KURIER-Gespräch: „Das Verbotsgesetz deckt nur eine Seite des Extremen ab“, sagt er – ein Vorgehen gegen linksextremistische oder religiös-fundamentalistische Parteien, die die Demokratie in ihren Grundfesten bedrohen, sei damit nicht möglich. Zum anderen werde die Verantwortung auf einzelne Behörden abgewälzt, die im Einzelfall etwa über die Zulassung einer extremistischen Veranstaltung oder eines Vereins entscheiden müssen.
Zwar sei das Verbotsgesetz in Deutschland auch nicht unumstritten – die Hürden dafür sind sehr komplex -, aber in Österreich fehle die Diskussion über ein derartiges Verbot, sagt Bußjäger. „Ich würde eine sachliche Debatte über das Für und Wider einer Verschärfung des rechtlichen Instrumentariums begrüßen“, sagt er. Ein Parteienverbot durch den Verfassungsgerichtshof nach deutschem Modell wäre eine Option.
Nein – für eine Beobachtung einer Partei gibt es hierzulande keine gesetzliche Grundlage. In Deutschland hingegen ist das nicht nur erlaubt, sondern Usus: Schon die Linkspartei wurde Anfang der 2000er beobachtet, der damalige CDU-Innenminister Wolfgang Schäuble gab sein offizielles Einverständnis dazu. Später geriet die rechte Partei „Die Republikaner“ ins Visier des Inlandsgeheimdiensts, der als „Frühwarnsystem der Demokratie" agieren soll. ´
Die AfD ist seit 2021 vom anfänglichen „Prüffall“ zum „Verdachtsfall“ hochgestuft worden, was eine Überwachung der Kommunikation von Parteimitgliedern als auch Anwerbung von V-Leuten erlaubt. Sammelt der Geheimdienst genügend Beweise, wird die AfD zu „gesichert rechtsextrem“ hochgestuft; das hat Konsequenzen für alle Staatsdiener mit Parteibuch. Ihnen drohen Disziplinarverfahren bis hin zu Rauswurf.
Einzelne Parteimitglieder und aktive Politiker zu beobachten, ist aber auch in Österreich erlaubt – und passiert auch regelmäßig. Bekannt sind Fälle von FPÖ-Politikern – etwa HC Strache im Rahmen der SOKO Ibiza, bei der auch Verfassungsschützer dabei waren.
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