Zu heftigem Streit soll es deswegen vergangene Woche zwischen US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und der deutschen Führung gekommen sein. Denn offenbar beharrte Scholz: Deutsche Panzer für die Ukraine gebe es nur, wenn auch die USA ihren Kampfpanzer Abrams-M1 liefern würden.
Doch das lehnt Washington ab: Die Verlegung ihrer Panzer sei zu langwierig, die Logistik zu kompliziert, zumal sie nicht mit Diesel betrieben werden und im Erlernen ihrer Bedienung viel zu aufwendig sind.
Da ließ der neue Chef des außenpolitischen Ausschusses im US-Repräsentantenhauses, Michael McCaul, aufhorchen: Wenn es darum ginge, den Deutschen entgegenzukommen, könne man ja einen Abrams-Panzer in die Ukraine schicken.
In Polen aber will man nicht länger warten. Die Regierung in Warschau kündigte an, in Berlin einen Antrag auf Lieferungen von Leopard-Kampfpanzern in die Ukraine zu stellen. Aber Premier Mateusz Morawiecki stellte gleich klar: Egal, wie Berlin entscheide – Polen werde auf jeden Fall 14 seiner eigenen Leopard-Panzer an die bedrängten Nachbarn übergeben.
Zudem zimmert Warschau an einer Koalition gleichgesinnter Staaten. Das wäre ein unerhörter Schritt: Denn die Käuferstaaten der deutschen Panzer sind vertraglich verpflichtet, Deutschlands Zustimmung einzuholen, sollten sie ihrerseits die Waffen wieder exportieren.
Aber in Warschau geht man ohnehin davon aus, dass Scholz’ Widerstand, die „Leoparden“ freizugeben, demnächst brechen wird. Denn zu einem Schritt hat Berlin bereits ja gesagt: Polen darf ukrainische Soldaten an Leopard-Panzern ausbilden. Und so mutmaßt man nicht nur in Polen: Solch eine Ausbildung wäre sinnlos, wenn nicht Deutschland früher oder später doch grünes Licht für die „Leoparden“ für Kiew gibt.
Warum der deutsche „Leo“ so begehrt ist
Er ist 60 Tonnen schwer, zehn Meter lang und gilt als einer der besten Kampfpanzer der Welt: der deutsche Leopard 2 (Spitzname: „Leo“). Seit Monaten steht er in der westlichen Diskussion um Waffenlieferungen an die Ukraine im Mittelpunkt.
Die Ukraine hatte bisher vor allem T-72-Panzer zur Verfügung, viele aus Beständen der früheren Sowjet-Armee. 500 zusätzliche derartige Panzer hat die ukrainische Armee seit Kriegsbeginn von russischen Truppen erbeutet. Doch mehr als 100 Panzer gehen auch jedes Monat durch russischen Beschuss wieder verloren.
Mit dem Leopard 2 wünscht sich Kiew ein Modell, das den russischen Panzern technisch klar überlegen ist. Er kann in voller Fahrt bis zu fünf Kilometer weit schießen. Sein größter Vorteil: Theoretisch gäbe es die Leopard-Panzer in großer Stückzahl. Etwa 2.000 davon sind derzeit in europäischen Armeen aufgelistet, in Deutschland allein rund 350. Auch Munition wäre in großer Zahl verfügbar. Unklar ist allerdings, wie viele Leopard-Panzer im Augenblick überhaupt einsatzbereit sind.
Ohne schwere Kampfpanzer sind Rückeroberungen, wie sie die ukrainische Armee im Osten und Südosten des Landes anpeilt, schlichtweg unmöglich.
Mindestens 300 Kampfpanzer seien notwendig, heißt es von Expertenseite. Sie allein haben die Angriffskraft, um diese Gebiete unter Kontrolle zu bringen. Zusätzlich will die Ukraine etwa 600 Schützenpanzer und 600 Artilleriegeschütze.
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