Orbán in Wien: Was hinter dem Staatsbesuch steckt
Anfang Juli besuchte die ungarische Präsidentin Katalin Novák den rechtsnationalen Regierungschef Jair Bolsonaro in Brasilien. Gemeinsam formte man ein Herzchen mit Zeigefinger und Daumen. Die ungarischen Medien waren begeistert.
Vergangene Woche reiste der ungarische Außenminister Péter Szíjjártó zu Europas Entsetzen zu seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow in den Kreml, sie posierten händeschüttelnd.
Diese Woche wird ein Foto mit Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) folgen, wenn Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán am Donnerstag persönlich nach Wien kommt. Und bei dem einen oder anderen europäischen Regierungschef wohl für Stirnrunzeln sorgen.
Der Besuch folgt einer Einladung Nehammers, die am Rande des letzten Europäischen Rates ausgesprochen wurde. Doch der Zeitpunkt ist heikel: Vergangenes Wochenende wetterte Orbán in einer Rede vor Anhängern wieder einmal gegen Brüssel und "den Westen", hetzte gegen "falsche" Sanktionspolitik und "aufgezwungene fremde Werte".
Für Aufruhr sorgten besonders eine rassistische Äußerung über Migration – "die Ungarn wollen nicht zu Gemischtrassigen werden" – sowie ein verstörender Gas-Witz über den EU-Plan zum Gassparen: Die Deutschen hätten ein "besonderes Know-how dafür" – offensichtlich eine Anspielung auf die Gaskammern des Nazi-Regimes.
Der Besuch sorgt also schon im Voraus für Kritik. Einzelne Abgeordnete und das Auschwitz-Komitee fordern von Nehammer, dass er Orbán zur Rede stellt. Nehammer selbst hat sich bis dato noch nicht zur Rede geäußert.
Gemeinsam gegen Migration
Zudem stellt sich die Frage nach dem Zeitpunkt des Besuches: "Ökonomisch gibt es dafür keine Erklärung", sagt der ungarische Ökonom und ehemalige Zentralbankpräsident Péter Ákos Bod. Der Besuch Szíjjártós im Kreml etwa sollte für mehr billiges Gas für Ungarn sorgen. Davon gebe es in Österreich wenig zu holen – auch wenn das Thema Energiesicherheit am Donnerstag auf der Agenda stehen werde.
Wahrscheinlicher sei, dass Orbán versuchen werde, alte Beziehungen neu zu knüpfen. Ungarn stehe derzeit ziemlich allein da in der EU. Tatsächlich hat die Position Orbáns zum Krieg in der Ukraine und den Sanktionen sogar treue Verbündete wie Polen und die restlichen Visegrád-Staaten verscheucht.
Mit Österreich wurde in der Vergangenheit vor allem beim Thema Migration eng zusammen gearbeitet. Und auf diese Karte scheint Orbán nun wieder zu setzen: Szíjjártó hat bereits vor Wochen bei einem Besuch bei Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) vor einer "massiven Welle illegaler Migration" gewarnt. Schallenberg bestätigte das.
Auch gegenüber Brüssel weiß Orbán, Migration als Druckmittel einzusetzen: Ungarn hat aufgrund der EU-Außengrenze zu Serbien und der Ukraine eine gewisse Machtpositionen inne. Das nutzt Orbán gegenüber der EU-Kommission, die nach wie vor Gelder zurückhält und die nationale Staatskasse schwächt.
Ungarns Suche nach neuen Verbündeten ist nach Donnerstag übrigens noch nicht beendet: Am 4. August ist Orbán in Texas auf der weltweit größten konservativen Konferenz, der CPAC, eingeladen – und wird dort die Eröffnungsrede halten.
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