Dennoch schien der Ton zwischen Orbán und Selenskij kein unfreundlicher gewesen zu sein: "Wir wollen Beziehungen zwischen unseren Ländern aufbauen und ein Kooperationsabkommen mit der Ukraine unterzeichnen“, sagte Orbán etwa. Was genau dies beinhaltet, ist noch unklar.
Anfang dieses Jahres brauchten die EU-Staats- und Regierungschefs Wochen, um Orbáns Veto zu brechen und der Ukraine neue Hilfen in Höhe von 50 Milliarden Euro zukommen zu lassen, im Juni versicherte Orbán, dass sich Ungarn ihnen nicht in den Weg stellen werde, wenn die NATO ihr Unterstützungsprogramm ausbaut.
Verschiedene Standpunkte
Unter der Bedingung, dass sich Ungarn an nichts beteiligen muss. "Ungarn will keine Entscheidungen der NATO blockieren, die andere Mitgliedsstaaten befürworten", sagte Orbán. Ungarns Standpunkt darüber, wie man im Ukraine-Krieg Frieden erreichen könne, weiche von jenem der anderen NATO-Staaten ab. Jedoch nehme Budapest zur Kenntnis, dass "das Gewicht und die Anzahl der Meinungen, die von der unsrigen abweichen, bedeutend sind" und dass Ungarn daran nichts ändern könne, fügte Orbán hinzu, dessen Land seit Montag den EU-Ratsvorsitz innehat.
Er selbst meinte: "Im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft führte mich meine erste Reise nach Kiew, denn die Frage des Friedens ist nicht nur für die Sicherheit der Ukraine, sondern für die Sicherheit Europas als Ganzes wichtig."
Die EU-Beitrittsverhandlungen, die vergangene Woche formell gestartet wurden (sie werden Jahre dauern), sieht Budapest ebenso skeptisch: „Eine Mitgliedschaft in der EU würde den Krieg nicht beenden. Dafür braucht es einen Waffenstillstand und Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine“, sagte Ungarns Außenminister Péter Szijjártó kürzlich in einem KURIER-Interview.
Ungarische Minderheit in der Ukraine
An diesen Positionen dürfte auch der Besuch Orbáns in Kiew nichts geändert haben. Dennoch: Der ungarische Premier bot seine Unterstützung bei der Modernisierung der Ukraine an und lobte die „Fortschritte bei der Lösung der Probleme der ungarischen Minderheit im Land“. Letzteres ist für Orbán ein Kernthema – ebenso wie die Rolle der ungarischen Minderheit in Rumänien. Ein ukrainisches Minderheitengesetz, das 2017 den Unterricht für Kinder ethnischer Minderheiten in deren Muttersprachen drastisch eingeschränkt hatte, hatte bereits vor der russischen Invasion für massive Verstimmungen zwischen Kiew und Budapest gesorgt. Es wurde Ende 2023 zurückgenommen.
Berichten zufolge vereinbarten die beiden Politiker auch die Eröffnung der ersten Schule für ukrainischsprachige Kinder in Ungarn.
Es scheint als könne sowohl Orbán als auch Selenskij mit den Ergebnissen des Treffens gut leben – auch wenn es die Situation im Großen nicht verändert hat.
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